Rechtliche Aspekte von Delegation und Neuorganisation ärztlicher Tätigkeiten im psychiatrischen Fachgebiet

Abstract

Current psychiatric-psychotherapeutic in-patient care takes place in an area of tension between increasing treatment requirements and the persistent lack of qualified staff. The optimisation of the diagnostic-therapeutic procedures in a clinic helps to reduce existing care deficits or to generate resources for future developments. The subject of delegation and substitution of medical services is considered in this context. Inadequate knowledge of the legal situation on the part of the decision makers impairs the indispensable trustful cooperation among the professions and adds to the uncertainty of all those concerned. The present paper outlines the legal, organisational and health policy aspects of delegation and the reorganisation of medical activities in the field of psychiatry.

Definition des Kernbereichs ärztlicher Tätigkeit im psychiatrisch-psychotherapeutischen Fachgebiet – Voraussetzung für jede Delegation

“…Ein anhaltender Fachkräftemangel bei einem gleichbleibenden oder zunehmenden Patientenaufkommen und ökonomische Zwänge können Umstrukturierungen im diagnostisch-therapeutischen Dienst einer psychiatrischen Klinik oder eines Fachkrankenhauses erforderlich machen. Die Definition der Kernaufgaben ärztlicher Tätigkeit ist Voraussetzung für jede Delegation oder Substitution, welche den ärztlichen Verantwortungsbereich berühren [1]. Leitlinien und Standards der Fachgesellschaften können hilfreich sein, eine Trennung zwischen ärztlichen und nichtärztlichen Leistungen vorzunehmen.…”

“…Unter Beteiligung sämtlicher im therapeutischen Prozess einer Klinik involvierten Disziplinen kann auf Grundlage der Rechtsprechung [1] in einem Brainstorming die historisch gewachsene, traditionelle Aufgabenverteilung zwischen den einzelne Berufsgruppen hinterfragt und gemeinsam für das psychiatrisch-psychotherapeutische Fachgebiet ein Kernbereich ärztlicher Tätigkeit definiert werden [2]. Dieser Kernbereich umfasst dabei Tätigkeiten aus Diagnostik, Differenzialdiagnostik und Therapie, welche zwingend zum ärztlichen Standard gehören und aus juristischen Erwägungen nicht delegiert werden dürfen [1]. Bei der Analyse folgt die Festsetzung des ärztlichen Standards nicht inhaltlich tradierten Beweggründen, sondern rein dem Kriterium der Patientensicherheit, dass für eine Tätigkeit ein Facharztstandard nicht unterschritten wird.…”

“…Nach allgemeiner Rechtsauffassung sind die Aufklärung und die Anamneseerhebung eine genuin ärztliche Pflicht, was aber vorbereitende Tätigkeiten durch nichtärztliche Mitarbeiter (z. B. Durcharbeiten eines Aufklärungsbogens, eines Anamnesefragebogens mit einem "Aufnahmekoordinator") nicht ausschließt [1]. Das vertrauensvolle Gespräch zwischen Arzt und Patient kann durch standardisierte Anamnese-oder Aufklärungsbögen nicht ersetzt werden.…”

“…Bei einem Behandlungsfehler würden ggf. der Krankenhausträger und der für die Einteilung verantwortliche Arzt aufgrund eines Organisationsverschuldens haften, bei dem Delegationsempfänger bestünde ein Übernahmeverschulden[1]. In einem zivilprozessrechtlichen Verfahren käme es als Folge zu einer Beweislastumkehr, wobei angenommen wird, dass die unzulässige Delegation den Gesundheitsschaden des Patienten herbeigeführt hat.…”

Anmerkungen zur ethischen Krankenhausführung

“…Hierzu gehören nach einer sektorübergreifenden Analyse psychiatrischer Behandlungs-und Versorgungsleistungen [12] Rationalisierungsmaßnahmen in der Aufbau-und Ablauforganisation [4,5], wobei in der Prozessoptimierung kostensensible Behandlungspfade und ein ethisches Kostenbewusstsein aller Mitarbeiter aufzubauen sind [13]. Eine Neuorganisation des gesamttherapeutischen Dienstes sollte nicht nur rechtliche Aspekte von Delegation, Substitution, Diversifikation, Allokation oder Enhancement betrachten [3], sondern gleichfalls soziale Netzwerke der Mitarbeiter (sog. Soziale Netzwerkanalyse) [4] und ihre ethischen Vorstellungen.…”