ZusammenfassungDer Beitrag diskutiert das Spannungsfeld zwischen digitaler Strukturbildung und personengebundener Entscheidungsproduktion in Organisationen mithilfe organisations- und entscheidungstheoretischer Annahmen. Digitalisierung greift aufgrund ihrer spezifischen Form tief in die Arbeitsabläufe von Organisationen ein, aktualisiert dabei aber deren traditionelle Form: Während algorithmusbasierte Prozesse organisationaler Strukturautomation Entscheidungsspielräume einschränken, wird Personenorientierung immer wichtiger. Das digitale Projekt, Organisationsstrukturen rational und störunanfällig zu machen, führt zur Etablierung einer rechenbasierten Eigenlogik, die das organisationale Kontinuum zwischen Aufgaben- und Personenorientierung in beide Richtungen ausweitet. Durch digitale Strukturautomation werden personengebundene Eigenschaften zum entscheidenden Faktor bei der Fruchtbarmachung von Spielräumen, die nun extra organisiert werden.
Humboldt gibt in seiner Anthropologie für die Praxis der Bildung eine paradoxe Maxime aus. Die gezielte Charakterbildung solle alles "nicht anders, als unter der Bedingung einer vollkommenen Freiheit ausführen [...]. Alles soll von selbst entstehn [...]." Alles geschehe "mit gänzlicher Vermeidung alles Scheins von Absicht" (Humboldt 1960c: 345). Aber wie soll das gehen? Wie kann eine gezielte Bildung stattfinden und doch alles von selbst ablaufen? Wie überlässt man etwas seinen inneren Kräften, seinem eigenen Wachstumspfad, wenn man es doch bilden will, und das Ergebnis der Bildung offenbar einen Unterschied gegenüber dem bloßen Wachstum macht? Wie kann es ‚vollkommene Freiheit' geben, wo eine bestimmte Bildung stattfindet? Und wie hat man sich eine Handlung vorzustellen, die so gewollt wird, als ob man sie nicht will, die man also absichtlich unabsichtlich tut? Dass diese und ähnliche Fragen nahe liegen, wenn man Freiheit und Ordnung zusammen verwirklichen will, war nicht nur Humboldt bewusst. Es sind Konzepte wie Bildung und Markt, die es seit dem 18. Jahrhundert erlauben, sowohl diese Probleme aufzuwerfen als auch deren Lösung dauerhaft aufzuschieben. Ohne die Existenz anderer Bedeutungsquellen bestreiten zu wollen, ist es vor allem die im Folgenden näher erläuterte Fassung von Bildung, welche die weite Verbreitung des Begriffs ermöglicht hat. Bildung bringt die soeben angedeutete paradoxe Konstellation im Umgang mit selbsttätigen, sich selbst organisierenden Zusammenhängen-und das ist schon bei Humboldt und seinen Zeitgenossen nicht nur der Mensch-nämlich so auf den Begriff, dass deren "Auflösung" einer vielfältigen konkreten Praxis überlassen werden kann. Auf diese Weise wird Bildung zum zentralen semantischen Attraktor des sich langsam entfaltenden Erziehungssystems, der den in jeder Erziehungspraxis
Zusammenfassung Die Form der sozialen Integration von Raum und Zeit bestimmt das Verständnis von Lernen, Personalität und Subjektbildung. In der Moderne formen Organisationen den Einzelnen durch systematische Beobachtung. Hierfür werden semiotische Techniken der Dynamisierung von Personen-Rechnen, Messen, Visualisierung, Rechaotisierung-entwickelt und pädagogisch genutzt. Deren Digitalisierung führt zu einer Autonomisierung präsentistischer Kontroll-und Steuerungspraktiken, die ohne Organisationen als Lehr-und Lernorte auskommen. Die Veränderung des Selbst wird zunehmend mittels Displays und unpersönlicher Algorithmen registriert und gesteuert. Als Reaktion darauf kommt es zu einem Boom partizipativer Verfahren, die pädagogisch auf die Zufälligkeiten interaktionistischer Unmittelbarkeit setzen.
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