Paradigmen des Antidiskriminierungsrechts "Das Geschrei war groß. Neger, Schwule, Frauen, Einarmige und andere Ungleiche würden in unsere Wohnungen, Arbeitsstätten, Turnhallen drängen. Und wir müssten sie alle reinlassen. Das war jetzt schließlich Gesetz geworden." Mit diesen sarkastischen Worten kommentiert Rainer Maria Kiesow das Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) im August 2006. 1 Tatsächlich war wohl kaum ein Gesetzgebungsvorhaben der letzten Jahre von einer derart hitzigen juristischen wie gesellschaftlichen Debatte begleitet. Mit Polemik bis hin zum Totalitarismusvorwurf 2 wurde nicht gespart. Das Ausmaß der Aufregung scheint angesichts der durch das AGG erstrebten Regelungsziele zunächst verwunderlich. Das AGG soll als Umsetzung europarechtlicher Vorgaben "Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern oder beseitigen" (§ 1 AGG). Offensichtlich ist der Bezug zum menschenrechtlich fundierten 3 Gleichheitsgebot, das in Deutschland über Art. 3 GG i.V.m. Art. 1 III GG alle öffentliche Gewalt bindet. Dass staatliche Stellen in ihrem Handeln einem Willkürverbot unterliegen 4 und weitergehend jede Ungleichbehandlung des Einzelnen durch hoheitliches Handeln unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt werden muss, 5 unterliegt keinem Zweifel. Dennoch stößt ein Gesetz auf heftigen Widerstand, welches dieselben Rationalisierungsanforderungen, die in Bezug auf die öffentliche Gewalt völlig unbestritten sind, an privates Handeln stellt. Antidiskriminierung wird gerade im zivilrechtlichen Diskurs oftmals (miss)verstanden als Einschränkung einer privaten Autonomie, welche immer auch die Freiheit zur Ungleichbehandlung umfassen müsse. 6 Häufig wird hierbei allerdings übersehen, dass die Grenzen zwischen öffentlicher und privater Machtausübung nicht immer so klar zu ziehen sind wie es die vermeintliche Dichotomie "private Freiheit vs. öffentliche Regulierung" suggeriert. Dabei führt diese Zweiteilung teilweise zu kaum nachvollziehbaren Wertungswidersprüchen. Die öffentliche Hand etwa ist auch dann an die Grundrechte, insbesondere, Art. 3 I GG gebunden, wenn sie privatrechtlich handelt, 7 während eine unmittelbare Bindung Privater an die Grundrechte überwiegend abgelehnt wird 8-obwohl diese z. T. faktisch dieselben Aufgaben wahrnehmen. So ist etwa die Grundrechtsbindung privatisierter Staatsunternehmen wie der Deutschen Post AG nach wie vor weitgehend ungeklärt. 9