Das ‚Lorscher Arzneibuch’︁ und die frühmittelalterliche Medizin

Abstract

A) Linter diesem Thema fand vom 26. bis 28. September 1989 in Lorsch ein medizinhistorisches Friihmittelalter-Symposium statt, im Rahmen der diesjahrigen Jubilaumsfeierlichkeiten der Stadt Lorsch anlai3lich der vor 1225 Jahren erfolgten Griindung des Klosters Lorsch (gleichzeitig feiert Lorsch 25 Jahre Stadtrechte). Das Symposium wurdeunterstutzt durch die Firma Boehringer Ingelheimvom Magistrat der Stadt ausgerichtet und stand unter der Schirmherrschaft von Burgermeister Ludwig Brunneng~ber. Die wissenschaftliche Leitung hatte Gundolf Keil (Wiirzburg), der schon fur die wissenschaftliche Durchfiihrung des dreijahrigen Proiektes verantwortlich gezeichnet hatte, dasinitiiert durch eine Lorscher Burgerin, Frau Adelheid Platte, gefordert durch den Heimat-und Kulturverein Lorsch unter dem Vorsitz von Paul Schnitzer und finanziell abgesichert durch den Magistrat der Stadt Lorsch sowie die Firma Boehringer Ingelheimunter beispielhaftem Zusarnmenwirken von Privatinitiative und Wissenschaft, kommunalen Mitteln und Industrieforderung zur kritischen Edition des Lorscher A rzneibucbs fuhrte, das demge-maf3 im Zentrum des Symposiums stand. Die sensationelle Zuweisung des bedeutendsten medizinischen Manuskripts der Baniberger Staatsbibliothek (Codex Medicinalis I) zum Skriptorium des ehemaligen Lorscher Klosters durch den Munchner Palaographen Bernhard Bischoff wurde iiber langere Zeit von der Wissenschaftsgeschichte nur unzureichend zur Kenntnis genommen. Erst das zunachst lokalhistorisch motivierte Engagement der Stadt Lorsch hat dazu gefuhrt, das alteste bekannte Arzneibuch deutscher Provenienz im gesamten Umfang zu edieren, zu iibersetzen und durch ein Fachglossar zu erschliefien, um auf dieser Grundlage der Erforschung der friihmittelalterlichen Medizin-und Pharmaziegeschichte neue Impulse zu geben. Dlie Ursache fur die bisher relativ geringe Beachtung vorsalernitanischer Rezept-sammlungen mag man wohl in deren scheinbar schwachen Wirkungsgeschichte sehen: Spatestens nach dem 12. Jahrhundert und der Ubernahme arabischen sowie byzantinischen Wissens in die abendlandische Medizin und die sich immer mehr verselbstandigende Pharmazie wurden sie alle vom wirkungsgeschichtlich vie1 starkeren Antidotarium Nicolai iiberstrahlt, welches bekanntlich seinen Einflufi bis in die Moderne geltend machte. Das Lorscher Arzneibuch wurde um 795in der Benediktinerabtei konzipiert und geschrieben. Neben umfangreichen pharmakotherapeutischen Schriften (Rezeptsammlungen, Drogen-Austauschliste, Synonymen-Verzeichnis), diatetischen Traktaten (,Anthimus-Brief', Monatsregeln, Vier-JahreszeitenTrank) und isagogischen Elementen bietet es insbesondere durch seine medizinalpolitischen Programmschriften (,Verteidigung der Heilkunde', ,Kosmas-und-Damian-Verse') AnlaB zu einer eingehenden Betrachtung jener Umstande, welche die Weitergabe medizinischen Wissens im friihen Mittelalter behinderten, namlich vor allem jene christlich rnotivierte Medizinfeindlichkeit, mit deren Argumenten sich der Kompilator des Lorscher Arzneibuch auseinanderzusetzen hatte un...

„Wenn eine abstoßende Krankheit das Rektum prüft …“

“…Buch. Hier werden 2 Unzen Alant, ½ Unze Fenchelsamen und ½ Unze Schwarzer Pfeffer zerstoßen, gesiebt, mit Honig vermengt, kurz aufgekocht und dann in der Größe einer Haselnuss aus dem Landstrich von Cora (dem heutigen Cori in Italien) mit warmem Wasser zum Trinken gegeben 25 .…”

“…Buches. Das "hochwirksame Heilmittel", welches auf Valerius Probus zurückgehen soll, verlangt 1 Unze Alant, 3 [25].…”