Für die Erdbebengebiete der Bundesrepublik Deutschland stehen keine Erfahrungswerte zur Verletzbarkeit des gegenwärtigen Bauwerksbestands zur Verfügung. Die Erdbebentauglichkeit des Gebäudebestands oder dessen Verletzbarkeit ist nicht untersucht worden. Es fehlt demzufolge der Maßstab, um Ergebnisse seismischer Risikoabschätzungen bzw. Schadensszenarien kalibrieren zu können. In diesem Zusammenhang nimmt das Beben vom 03. 09. 1978 in der Schwäbischen Alb eine Ausnahmestellung ein, da es zugleich das stärkste Beben darstellt, das die Bundesrepublik Deutschland in den letzten 50 Jahren betroffen hat. Es vermittelt einen Eindruck von den durch die DIN 4149: 2005 verankerten Bemessungserdbeben im unteren Stärkebereich der Zone 3. Aufgrund des begrenzten zurückliegenden Zeitfensters ist eine für deutsche Erdbebengebiete (Zone 3) einmalige Repräsentativität der vorhandenen Bebauung gewährleistet.Der Beitrag setzt in neuen und erweiterten Ansätzen die im Rahmen des Deutschen Forschungsnetzwerkes Naturkatastrophen (DFNK) begonnenen Arbeiten zur Quantifizierung der Schadenspotentiale fort. Aufgrund der aussagefähigen Dokumentation der Schadenssituation ist das Albstadt-Beben besonders geeignet, um die Übertragbarkeit der entwickelten Methoden und Hilfsmittel auf andere Erdbebengebiete zu überprüfen. Ein Nachweis der Leistungsfähigkeit der entwickelten Methodik gelingt durch Reinterpretation der Hauptschadensgebiete in Albstadt-Tailfingen auf der Basis der Bebauungssituation von 1978 und durch die Abschätzung der Schadenssummen auf der Basis des damaligen Werteinventars. Die Vulnerabilität (Verletzbarkeit) der verschiedenen Bauweisen und Bauwerkstypen wird am Maßstab der Europäischen Makroseismischen Skala EMS-98 beschrieben; auf dieser Grundlage werden auch die Schadensfälle rekonstruiert und in Form der Schadensgrade neu bewertet. Für einzelne Schadensfälle können mittels eines für Mauerwerksbauten entwickelten Bewertungs-Tools auch die Hauptschadenszonen in guter Übereinstimmung mit dem realen Schadensbild prognostiziert werden.
Mit der European Macroseismic Scale 1998 -(EMS-98) steht für die Naturgefahr Erdbeben ein Instrumentarium zur Verfügung, das durch Einführung und konkrete Umsetzung der Verletzbarkeitsklassen (vulnerability classes) die Erklärung der beobachteten Unterschiede im Verhalten der vorherrschenden Bauweisen ermöglicht, zugleich aber auch die Kennzeichnung der rein empirisch begründeten Streubreiten zulässt. Die grundlegende Methodik ist auch auf andere Naturgefahren wie Hochwasser, Tsunami und Wind übertragbar. Dies ermöglicht die Entwicklung einer vereinheitlichten Methodik zur Berücksichtigung der Bauwerksverletzbarkeit im Sinne eines Multi-Hazard-Ansatzes. Erstmals steht ein verletzbarkeitsorientiertes Instrumentarium zur Verfügung, um einen Gebäudebestand für unterschiedliche Naturgefahren nach ingenieurmäßig vereinheitlichten Kriterien bewerten zu können. Die Multi-Hazard-Verletzbarkeit mit ihren möglichen Streubreiten wird an realen Bauwerksbeständen untersucht und visualisiert. Mit dem Konzept der "LEGOisierung" der Bestandsgebäude wird ein neuartiger Ansatz vorgestellt, um über die Substrukturierung der Gebäude in Geschosse (inkl. Dach, Keller und Decken) eine Weiterentwicklung der Typisierung in Richtung konkreter Schadensmerkmale und der lokalen Verletzbarkeit zu ermöglichen. Es wird ein Ausblick auf ein zu entwickelndes "Konzeptionelles Simulations-Tool" gegeben, welches mit den entwickelten Tools und Methoden die Simulation von Schäden und Verlusten infolge verschiedener Naturgefahren und ihrer Abfolgen ermöglicht. VorbemerkungenFür die Prognose von Schäden infolge der Naturgefahren Erdbeben, Hochwasser und Wind sind Bestandsgebäude in digitaler Form abzubilden. Auf Grundlage der erhobenen relevanten Bauwerksparameter ist dann die Verletzbarkeit der Bestandsbauten gegenüber den einzelnen Naturgefahren festzulegen. Dazu sind zunächst die verfügbaren Daten und die daraus abzuleitenden Vorgehensweisen zu betrachten. The European Macroseismic Scale 1998 -(EMS 98) is an instrument for the natural hazard of earthquakes, which allows the explanation of observed differences in the behaviour of the prevailing construction types by introducing and implementing vulnerability classes. The EMS 98 enables also the identification of purely empirically justified ranges of scatter. The basic methodology is also applicable to other natural hazards such as flood, tsunami and wind. This permits the development of a unified methodology for the consideration of building vulnerability in the sense of a multi-hazard approach. For the first time, a vulnerability-oriented instrument is available to evaluate a building stock for different natural hazards according to criteria that have been standardised in terms of engineering. The multi-hazard vulnerability with its possible scatters is examined and visualized on real building inventories.With the concept of "LEGOisation" the existing buildings, a novel approach is presented to allow the sub-structuring of buildings into storeys (including roof, basement and floors) to further devel...
Bei dem Erdbeben vom 17. Mai 2014 in Südhessen handelt es sich um das schwerste Ereignis auf dem Gebiet der Bundesrepublik im Jahr 2014. Die Schütterwirkungen des Erdbebens konnten in weiten Teilen von Südhessen, aber auch in Baden‐Württemberg bis Stuttgart wahrgenommen werden. Obwohl die Magnitude ML = 4,2 auf ein vergleichsweise moderat schwaches Beben schließen lässt, gab es eine bemerkenswerte Schadenskonzentration im Ortsteil Nieder‐Beerbach der Gemeinde Mühltal. Im betroffenen Gebiet wurden die Bauwerksschäden aufgenommen und ihre Verteilung dokumentiert. Der Beitrag vermittelt einen Eindruck von den vorgefundenen Schäden und unternimmt den Versuch, die Ursachen für die Schadenskonzentration aufzuzeigen. Wie herausgearbeitet werden kann, können die Nähe des Epizentrums und lokale Standorteffekte für eine erste Erklärung herangezogen werden. Wie dargestellt wird, ist insbesondere infolge der vorherrschenden nicht‐strukturellen Schäden ein Interpretationsspielraum für die makroseismische Einordnung des Bebens gegeben. The earthquake on May 17, 2014 in Southern Hesse – Engineering analysis of earthquake damage The earthquake on May 17, 2014 in Southern Hesse was the strongest event on the territory of Germany in 2014. The effects of the earthquake ground motion could not only be perceived in large parts of southern Hesse but also in Stuttgart/Baden‐Württemberg. Although it was a relatively weak earthquake, there was a remarkable damage concentration in the district Nieder‐Beerbach of the community Mühltal. In the affected area, the structural damage and their distribution are documented. The paper gives an overview of the damage cases and can be regarded as an attempt to identify the areas of damage concentration. As an outcome of different field surveys and mapping procedures it can be concluded that the location of buildings in vicinity to the epicenter and local site effects have mainly contributed to an increase of damage grades. Furthermore, results indicate different options for the macroseismic classification of the earthquake, especially with respect to the evaluation of the damage to non‐structural elements.
The floods in 2002 and 2013, as well as the recent flood of 2021, caused billions Euros worth of property damage in Germany. The aim of the project Innovative Vulnerability and Risk Assessment of Urban Areas against Flood Events (INNOVARU) involved the development of a practicable flood damage model that enables realistic damage statements for the residential building stock. In addition to the determination of local flood risks, it also takes into account the vulnerability of individual buildings and allows for the prognosis of structural damage. In this paper, we discuss an improved method for the prognosis of structural damage due to flood impact. Detailed correlations between inundation level and flow velocities depending on the vulnerability of the building types, as well as the number of storeys, are considered. Because reliable damage data from events with high flow velocities were not available, an innovative approach was adopted to cover a wide range of flow velocities. The proposed approach combines comprehensive damage data collected after the 2002 flood in Germany with damage data of the 2011 Tohoku earthquake tsunami in Japan. The application of the developed methods enables a reliable reinterpretation of the structural damage caused by the August flood of 2002 in six study areas in the Free State of Saxony.
The main objective of the SERAMAR project has been to utilize current tools for earthquake risk assessment and to establish a unique partnership between universities, professional associations, and local governments, which might serve as a model for similar future activities in Turkey and adjacent areas. In order to reach this goal, a thorough microzonation survey program combined with vulnerability and social preparedness studies in anticipation of a damaging seismic event were conducted. The paper is focused on activities related to surveying building stock and classifying and evaluating through the use of different levels of consideration. Empirical risk scenarios and casualty estimations are carried out for different levels of consideration under scenario earthquakes similar in size to historic events. Preliminary findings of the pilot phase are reported in terms of credible building performance and casualty estimates. For empirical studies, the building vulnerabilities are expressed in terms of vulnerability classes of EMS-98.
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