VorwortGegenstand der 58. Jahrestagung des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache (IDS) war im Jahr 2022 nach längerer Zeit wieder ein methodisches, genauer: ein auf die Arbeitsgrundlagen der modernen Sprachwissenschaft bezogenes Thema. Vom 15. bis zum 17. März 2022 wurden "Korpora in der germanistischen Sprachwissenschaft" diskutiert, ihre Bedeutung für die Forschung, die praktische Arbeit mit ihnen sowie ihre Besonderheiten als digitale Forschungsdaten. Das Konzept der Tagung, das von Arnulf Deppermann, Christian Fandrych, Marc Kupietz und Thomas Schmidt ausgearbeitet wurde, vereinigt dabei das gesamte Spektrum linguistischer Korpora -mündlich, schriftlich und multimedial, wie es auch im Untertitel zum Tagungsthema heißt. Ich bedanke mich bei den Organisatoren dafür, ein zugleich anspruchsvolles wie facettenreiches Programm für diese Tagung entwickelt zu haben, durch das die besondere korpuslinguistische Kompetenz der Sprachwissenschaft im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus herausgestellt worden ist.Die Verfügbarkeit digitaler Korpora kennzeichnet einen wichtigen Einschnitt in der Geschichte der Sprachwissenschaft. War man in der Forschung zuvor darauf angewiesen, punktuelle Beobachtungen vorzunehmen, Befragungen durchzuführen oder die eigene Sprachkompetenz als Maßstab hinzuzuziehen, ist es mit korpuslinguistischen Methoden möglich, in definierten Bereichen das reale Sprachverhalten zu untersuchen. Der Bezug zu Korpora -ob im schriftlichen, im mündlichen oder im multimedialen Bereich -stellt deshalb einen entscheidenden Fortschritt dar, Sprachforschung auf realen Daten aufzubauen und auf diese Weise zu einem realistischeren Bild des menschlichen Sprachverhaltens und von Sprache überhaupt zu gelangen.Dies wird in dem vorliegenden Band anhand unterschiedlicher Korpora exemplarisch demonstriert, ob es sich um Regionalsprache und andere Varietäten, Korpora für Diskurs-oder Interaktionsuntersuchungen oder Referenzkorpora handelt. Auf einer traditionell im Rahmen der Tagung durchgeführten Methodenmesse wurde deutlich, wie auch kleinere Spezialkorpora, etwa zur Gebärdensprache, zu Leichter Sprache, zur Sprache des Fußballs, in Sozialen Medien oder von Lernern, nicht nur aufbauen, sondern auch auf vorher nahezu unbekannte Problemstellungen hin befragt werden können. Die Beiträge zur Methodenmesse werden demnächst gesondert in einem Band der Reihe "Korpuslinguistik und interdisziplinäre Perspektiven auf Sprache" (CLIP) im Narr-Verlag veröffentlicht. Das Internationale DoktorandInnennetzwerk des IDS beteiligte sich mit einer Postersession an der Tagung, bei der mit nahezu allen Beiträgen gezeigt wurde, wie Korpora zur Gewinnung höchst innovativer Erkenntnisse eingesetzt werden können.