Vergabe und Umsetzung des Nachteilsausgleichs auf Sekundarstufe I

Abstract

Im Zuge zunehmender schulischer Integrationsbestrebungen wurden in der Schweiz verschiedene integrative schulische Massnahmen eingeführt. Mithilfe dieser Massnahmen soll eine bestmögliche schulische und soziale Entwicklung für Kinder und Jugendliche mit besonderem Bildungsbedarf gewährleistet werden. Bisher wurde in der Schweiz kaum Forschung dazu betrieben. Der vorliegende Beitrag liefert nun erstmals Eckdaten zur integrativen Massnahme des Nachteilsausgleichs auf der Sekundarstufe I. Auf der Basis einer Schulleitungsbefragung im Kanton Bern wurden deren Zielgruppe, Vergabe und Umsetzung untersucht. Vor dem Hintergrund der Schweizer Rechtsgrundlage sowie theoretischer Überlegungen und aktuellster Forschungsergebnisse werden die Resultate kritisch diskutiert.

Integrative Förderung für Lernende mit besonderem Bildungsbedarf - Inter- und intrakantonale Heterogenität bezüglich Zielgruppe und Umsetzung

“…Trotz Sonderpädagogikkonkordat zeigen sich in der Schweiz grosse kantonale Disparitäten bei der Umsetzung, Benennung, Vergabe und Finanzierung der IF (Sahli Lozano et al, 2021b). So ist es beispielsweise möglich, dass vergleichbare Lernende je nach Wohnkanton in stark unterschiedlichem Umfang von IF "profitieren" oder dass die Ressourcenverteilung einen Einfluss darauf hat, ob vergleichbare Lernende in eine Regelklasse integriert werden oder eine Sonderklasse besuchen (ebd.).…”

“…Diese Disparitäten können für von integrativen Massnahmen Betroffene bestehende Bildungsungleichheiten verstärken sowie für Schulteams zu stark unterschiedlichen Rahmenbedingungen führen. Weiter beeinflussen sie die Übertragbarkeit von Forschungsbefunden über die Kantone und Studien hinweg und stellen Forschende in diesem Bereich vor besondere Herausforderungen (Bertelsmann Stiftung, 2014;Dietze, 2011;Gresch & Piezunka, 2015;Luder, 2021;Sahli Lozano et al, 2021b).…”

“…Nebst den Unterschieden zwischen den Kantonen werden, aufgrund der Teilautonomie der Einzelschulen, eine Heterogenität der Zielgruppe und Umsetzung von IF innerhalb der einzelnen Kantone proklamiert (Sahli Lozano et al, 2021b). Hierzu liegen jedoch bisher noch keine detaillierten Analysen vor.…”

“…In diesem Kapitel soll der Frage nachgegangen werden, welche Disparitäten bezüglich IF zwischen den Kantonen vorliegen. Lozano et al, 2021b). Auch Luder (2018) beschreibt die Zielgruppe der IF als heterogen, wobei in dessen Untersuchung vier verschiedene Gruppen identifiziert werden konnten: Lernende mit Schwierigkeiten im "Lernen mit Fokus Kognition", im "Lernen mit Fokus Sprache", "im Arbeits-und Sozialverhalten" sowie Lernende "mit verschiedenen Beeinträchtigungen und Behinderungen".…”

“…In Zusammenhang mit der kindbezogenen Finanzierung spricht Meijer (1999) zudem vom Vorteil einer gezielteren Förderung durch die Heilpädagog:innen. IF wird in der Schweiz -wie auch andere einfache Massnahmen -überwiegend durch Poollösungen finanziert (Luder, 2021;Sahli Lozano et al, 2021b). In den meisten Kantonen kann derselbe Lektionenpool auch für andere Massnahmen wie Logopädie, Psychomotorik oder Deutsch als Zweitsprache genutzt werden (Sahli Lozano et al, 2021b).…”