LeitthemaAufgrund der engen anatomisch-topographischen Beziehung des Urogenitaltraktes der Frau ist bei gynäkolo-gisch-onkologischen Eingriffen eine kurative Zielsetzung häufig nur unter Einbeziehung des Harntraktes mög-lich. Insbesondere ist aufgrund der fehlenden chemotherapeutischen Ansprechrate von gynäkologischen Rezidiv-oder persistierenden Tumoren nach vorausgegangener Bestrahlung -in der Regel Zervixkarzinome -die vordere oder totale Exenteration die einzige noch verbleibende therapeutische Alternative. Um eine optimale präoperative Aufklärung und Beratung zu gewährleisten, muss der betreuende Gynäkologe über die verschiedenen Möglichkeiten der urologischen Rekonstruktion des unteren Harntraktes informiert sein. In diesem Beitrag werden die zur Verfü-gung stehenden urologisch-rekonstruktiven Eingriffe der ableitenden Harnwege bei pelviner Exenteration geschildert und die wesentlichen Merkmale der Nachsorge erläutert.
Harnableitung nach vorderer oder totaler pelviner ExenterationBei lokal fortgeschrittener oder rezidivierender gynäkologischer Tumorerkrankung ist nicht selten eine Tumorinfiltration des unteren Harntraktes zu erwarten. Beim Verdacht auf eine Infiltration der Blase sollte eine Zystoskopie mit Biopsieentnahme und eine bimanuelle Untersuchung in Narkose erfolgen, um die Operabilität zu beurteilen. In den wenigsten Fällen kann der untere Harntrakt mit Funktionserhalt rekonstruiert werden [17]. Wird zum Erreichen einer R0-Situation oder aufgrund von urologischen Komplikationen (z. B. Fistelbildung, Kloake) nach vorausgegangener Radiatio eine vordere oder totale Exenteration notwendig, wird der Gynäkologe mit dem Dilemma der geeigneten Harnableitung konfrontiert. Prinzipiell stehen die inkontinente und die kontinente Harnableitung zur Verfügung. Bei der inkontinenten Harnableitung (z. B. Ileum-Conduit, Colon-Conduit) wird der obere Harntrakt mittels Darminterponat ohne Reservoirfunktion durch die Bauchdecke ausgeleitet. Eine Urinauffangvorrichtung (Stomabeutel) ist bei dieser Harnableitung immer notwendig. Bei der kontinenten Harnableitung (Ersatzblase, Blasensubstitution, Rektalreservoir) wird ein Darmsegment zur Urinspeicherung als Reservoir ummodelliert. Im Rahmen der kontinenten Harnableitung nach gynäkologisch-onkologischen Eingriffen spielt im Wesentlichen lediglich die Ersatzblase als "kutanes Reservoir" eine Rolle. Inkontinente und kontinente Harnableitungen sind mit ähnlichen Komplikationsraten vergesellschaftet [6, 17]. Trotzdem sind mehrere Faktoren bei der Auswahl der einen oder anderen Form der Harnableitung von entscheidender Bedeutung. Mit Verbesserung der onkologischen Behandlung und Patientenselektion sowie verlängerter Lebenserwartung gewinnt die Lebensqualität der häufig jungen Patientinnen immer mehr an Bedeutung. Vor allem spielt gegenwärtig das "body image" eine wichtige Rolle. Die wachsende chirurgische Erfahrung mit der kontinenten Harnableitung und die zunehmende Nachfrage nach verbesserter Lebensqualität und Körperbild hat den prozentualen Anteil der kontinenten gegenüber...