Welches Menschenbild setzt die Praxis des Coaching voraus? Wie geschieht eigentlich Erkenntnis und Deutung der Situation des Klienten mit Hilfe des Coach? Welche ethischen Werte werden dabei verwirklicht? Die philosophischen Grundlagen des Coaching-Prozesses wurden noch nicht vor einem breiten ideengeschichtlichen Hintergrund analysiert. Hier wird das erstmals in den drei genannten Dimensionen versucht, angesichts der Autonomieforderung der Aufklärung, der Bestimmung des Menschen als Wesen der Sorge und der konjektural-hermeneutischen Erkenntnistheorie.Was hat Philosophie mit Coaching gemeinsam? 1 Auf den ersten Blick unterscheiden sich beide Tätigkeiten erheblich, denn das Philosophieren ist theoretisch, problemorientiert, gewöhnlich monologisch und möglichst umfassend, während Coaching eine Praxis ist, die lösungsorientiert und dialogisch vorgeht und am konkreten Verhalten arbeitet. Das Thema ist, soweit ich sehe, ziemlich neu und von beiden Seiten nicht durchgearbeitet. Darum muss es zuerst präzisiert und eingeschränkt werden:(1) Es geht im Folgenden um philosophisch relevante Aspekte im Coaching-Prozess, nicht im Vorfeld (wie z.B. Qualifikationsfragen). Zur Debatte steht etwa nicht, zu welchen Basiskompetenzen die Philosophie verhilft (das wäre ein eigenes, m.E. vielversprechendes Thema).(2) Dabei nehme ich das klassische Modell des Einzelcoaching als Paradigma (unsere Ergebnisse sind mutatis mutandis auf andere Formen übertragbar).(3) Es geht nicht um Details verschiedener Konzepte, um Abgrenzungen innerhalb der (legitimen) Pluralität von Beratungsansätzen, sondern um die wesentlichen Grundlagen. Zur spezifischen Kompetenz der Philosophie gehört: Grundfragen stellen, Implizites explizieren, größere Zusammenhänge herstellen. Entsprechend soll im Folgenden eine philosophische Analyse der im Coaching implizierten anthropologischen, hermeneutischen und ethischen Dimensionen unternommen oder wenigstens begonnen werden.