In dieser Arbeit geht es um die Gabe vonOpiaten und Sedativa am Lebensende derart, dass es zu einer (möglichen) Beschleunigung des Todeseintritts oder zu einer bis zum Tod anhaltenden Bewusstlosigkeit kommt. Bisher war diese Praxis rechtlich kaum geregelt. Die Situation wird aber zunehmend als unbefriedigend empfunden. So wurde in der Schweiz bereits im Jahr 1999 von einer vom Bundesrat einberufenen Arbeitsgruppe einhellig vorgeschlagen, die passive und indirekte Sterbehilfe gesetzlich zu regeln [2]. Ähnli-che Überlegungen sind in den letzten Jahren auch in Deutschland diskutiert worden [22,31,34]. Daneben gibt es aber auch Stimmen, die einen gesetzgeberischen Bedarf in diesem Feld bezweifeln [12].Im ersten Teil des Aufsatzes werden die in der gegenwärtigen Diskussion der Thematik üblichen Begriffe und normativen Konzepte kurz rekapituliert. Der zweite Teil liefert einen Überblick über die bestehende medizinische Evidenz, zum einen den lebensverkürzenden Effekt von Opiaten und Sedativa am Lebensende betreffend, zum anderen die Häufigkeit der indirekten Sterbehilfe und der terminalen Sedierung in der heutigen ärztlichen Praxis betreffend. Anschließend wird im dritten Teil untersucht, welche Erfahrungen in Holland beim Versuch, die Sterbehilfe umfassend zu regeln, im Hinblick auf die Frage der Anwendung von Opiaten und Sedativa am Lebensende gemacht wurden. Schließ-lich werden im vierten Teil aus den entsprechenden Befunden Schlussfolgerungen für die Regulierung dieses Bereiches gezogen.
Übliche Terminologie und normative Konzepte
Indirekte SterbehilfeDer Begriff der indirekten Sterbehilfe geht auf die "Doktrin der doppelten Wirkung" zurück, die im 13. Jh. von Thomas von Aquin entwickelt wurde [21]. Demgemäß sei allenfalls auch eine Handlung mit moralisch schlechten Folgen zu rechtfertigen, nämlich dann, wenn die schlechten Folgen lediglich als unvermeidbare Nebenerscheinungen (voluntarium indirectum) eines beabsichtigten, moralisch guten Haupteffektes (voluntarium directum) in Kauf genommen würden. Statt von direkten könnte man also auch von beabsichtigten, statt von indirekten also von bloß zugelassenen oder lediglich in Kauf genommenen Effekten sprechen (vgl. [42], S. 282). Das Konzept relativierte das bis dahin im christlichen Dogma geltende absolute Tötungsverbot. Es wurde in den letzten 150 Jahren auf verschiedene moralische Problemfelder angewandt, in der Medizin wurde damit beispielsweise die operative Entfernung eines karzinomatösen Uterus einer schwangeren Frau zu deren LebensEthik in der Medizin