ZusammenfassungDie COVID-19-Krise bietet sowohl einzigartige Chancen als auch besondere Herausforderungen für Public Health in Theorie und Praxis. Das Management der Pandemie war anfangs überwiegend von Virologen dominiert, unterstützt von Epidemiologen, die nicht immer die grundlegenden Anforderungen ihrer Wissenschaft erfüllten. Interdisziplinäre gesundheitswissenschaftliche Fachkenntnisse und komplexe Betrachtungen aus einer breiteren Public-Health-Perspektive hatten hingegen keine spürbaren Auswirkungen auf die COVID-19-Debatte und noch weniger auf die Strategien zur Eindämmung der Pandemie. Public Health ist universell und mehr als Gesundheitssicherheit bzw. Gesundheitsschutz. Als explizit politische Disziplin verfolgt Public Health einen weitreichenden gesellschaftspolitischen Ansatz und darf sich nicht auf biomedizinische Aspekte verkürzen lassen. Medizinische und biotechnologische Lösungen allein werden den Herausforderungen der Corona-Krise nicht gerecht. Unerlässlich für eine nachhaltige Bewältigung der Pandemie ist die Analyse der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Determinanten, die zur Krise geführt haben. Um die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern und das Risiko zukünftiger Infektionsausbrüche zu verringern, ist eine umfassende Politik erforderlich, die auch Hegemonien und Machtverhältnisse thematisiert.