Die vorliegende Studie widmet sich der Problematik von individueller Mehrsprachigkeit und Mehrschriftigkeit innerhalb kollaborativer Schreibinteraktionen. Individuelle Mehrsprachigkeit/Mehrschriftigkeit wird mittels der Konzepte der sprachlichen Repertoires und Register beleuchtet. Als kollaborative Schreibinteraktion wird ein Face-to-Face-Format definiert, bei dem zwei oder mehrere, am selben Ort befindliche Personen, ein Dokument basierend auf gemeinsamen Ideen anfertigen und hierüber ein Gespräch führen. Von Interesse ist die Forschungsfrage, wie mehrsprachige Studierende der Romanistik an der Goethe-Universität Frankfurt a.M. ihre schriftsprachlichen Ressourcen beim gemeinsamen Formulieren eines akademischen Texts in einer romanischen Zielsprache (Französisch oder Spanisch) einsetzen. Zur Beantwortung der Fragestellung dient ein qualitatives methodenplurales Forschungsdesign, bei dem theoretisch-methodische Forschungsansätze aus Soziolinguistik, Ethnographie und Aktionsforschung zusammenfließen. Die Datenerhebung erfolgte in einem ethnographisch gerahmten Aktionsforschungsseminar, in dem mehrsprachige Studierende über ihre sprachlichen Repertoires schriftlich reflektieren und zum akademischen Schreiben interaktiv in Gruppen zusammenkommen. Das hierbei entstandene Datenmaterial, die Reflexionstexte einerseits sowie die Audio- und Bildschirmaufnahmen der Schreibinteraktionen andererseits, wurde inhalts- und gesprächsanalytisch ausgewertet. Darüber werden Konzepte aus Mehrsprachigkeits- und Textproduktionsforschung miteinbezogen, um einen ganzheitlichen Blick auf Dynamiken beim kollaborativen Formulieren zu gewinnen. Die Studie bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für zukünftige Forschung über Mehrschriftigkeit. Aus theoretischer Sicht ist es relevant, wie strukturelle Mehrschriftigkeit im Format der kollaborativen Schreibinteraktion konzeptualisiert werden kann. Methodisch betrachtet besteht die Notwendigkeit zur Weiterentwicklung des methodenpluralen Forschungsdesigns, um sowohl Daten zu Prozessen und Produkten als auch zu beteiligten Individuen zu triangulieren. In dieser Hinsicht spielt das Verhältnis von Ethnographie und Gesprächsanalyse eine gewichtige Rolle. Aus didaktischer Sicht ist es schließlich bedeutsam, wie die Aneignung zielsprachlicher Kompetenz beim akademischen Schreiben mit einer Integration mehrsprachiger Ressourcen einhergehen kann.