Fünftausend Jahre Stiftungen. Eine Typologie von Mesopotamien bis zu den USA

Abstract

ZusammenfassungNach der schriftlichen Überlieferung lassen sich Stiftungen bis etwa 3000 v. Chr. zurückverfolgen und in Babylon und Ägypten auffinden. Sie dienten demnach ursprünglich dem Kult, genauer der Ernährung, der Götter sowie der Versorgung der Ahnen für ihr postmortales Dasein. Erst seit der sogenannten Achsenzeit, nach Karl Jaspers um die Mitte des ersten Jahrtausends v. Chr., ging es bei Stiftungen um den Menschen, und zwar um den Stifter selbst oder bestimmte von ihm im Sinne der Wohltätigkeit Begünstigte. Die monotheistischen Religionen Vorderasiens, die in dieser Hinsicht vielleicht durch den persischen Zoroastrismus beeinflusst wurden, haben den sehr erfolgreichen Typ der Stiftungen für das Seelenheil entfaltet. Dieser trat neben oder an die Stelle der älteren Stiftungen für die Seele, die lediglich die nachtodliche Weiterexistenz fördern sollten, und zielte auf eine gesteigerte, glückselige Existenzform durch die Gnade oder in der Nähe Gottes. Die zweite universalhistorische Zäsur brachte dem Stiftungswesen erst die Moderne, indem sie das religiös begründete Motiv der dauernden Zwecksetzung des Stiftungskapitals aufhob. Die „operativen“ und „Gebrauchsstiftungen“ der Gegenwart, im Wesentlichen eine amerikanische Erfindung, brechen mit einer jahrtausendealten Sinngebung, um der Erfahrung des unaufhaltsamen gesellschaftlichen und kulturellen Wandels gerecht zu werden.

Stiftungen der Gesellschaft

“…Sie etablieren Bezüge zwischen dem Willen verstorbener Stifter:innen und gesellschaftlichen Zukunftsprojektionen, Reichtum und Armut, Profit und Gemeinwohl, Partikularinteressen und Weltgestaltung. Die Ursprünge dieser vielfältigen Präsenz -mit Mauss lässt sich auch von einem totalen sozialen Phänomen sprechen (unter Verweis auf Marcel Mauss: Borgolte 2014a: 9) -lassen sich bereits an den Stiftungen des christlichen Mittelalters erkennen (siehe Borgolte 2014aBorgolte , 2016bBorgolte , 2015. In der stratifizierten Gesellschaft und unter dem Primat der Religion, so die erste Beobachtung dieses Kapitels (Kap.…”

“…So finden sich beispielsweise Hinweise auf Götter-und Ahnenstiftungen für Ägypten und Mesopotamien bereits im dritten Jahrtausend v. Chr. (Borgolte 2015) und der sogenannte Euergetismus, bei dem wohlhabende Bürger ihr privates Vermögen für öffentliche Zwecke und zum Wohl der Bevölkerung einer Stadt einsetz-ten, war eine verbreitete Praxis in den Stadtstaaten der griechischen und römischen Antike (vgl. Beck 2013;Engfer 2013).…”

What lies beneath? Spectrality as a focal phenomenon and a focal theory for strengthening engagement with philanthropic foundations

“…Philanthropic foundations are an ancient institutional expression. Written records revealing rudiments of the contemporary foundation form go back to at least 3000BCE (Borgolte, 2015). Despite such ancient lineage, foundations and their ‘cloistered world’ (Whitaker, 1974) remain remarkably unknown, unstudied and uncrystallized (Jung, 2020; McIlnay, 1998).…”