ZusammenfassungGeflüchtete weisen eine hohe Prävalenz an psychischen Störungen auf. Dem hohen Behandlungsbedarf stehen jedoch Barrieren gegenüber, die den Zugang zu psychischen Versorgungsleistungen behindern. Zu den Zugangsbarrieren gehören strukturelle Hürden ebenso wie kulturell differente Haltungen gegenüber psychischer Gesundheit und Krankheit sowie therapeutischen Maßnahmen. Eine Möglichkeit, diese Zugangsbarrieren zu überwinden und Geflüchteten Versorgungsleistungen nach ihrem Bedarf zukommen zu lassen, wird in digitalen Interventionen gesehen. In Form von interaktiven Websites oder Smartphone-Apps haben sich diese internet- und mobilgestützten Interventionen bereits in der Versorgung bewährt. Auch gibt es erste Beispiele für einen gelungenen Einsatz bei Geflüchteten. Die ethischen Aspekte digitaler Interventionen für Geflüchtete sind bislang aber kaum erforscht. Ziel des Beitrags ist es, dieses Desiderat zu bearbeiten. Als Instrument der ethischen Analyse wird dazu das agency-Konzept verwendet. Nach dem agency-Konzept sind Personen als handlungsfähige Akteure zu verstehen, die aus eigenen Ressourcen und Kompetenzen schöpfen und selbstwirksam handeln können. Agency ist in vorliegender Arbeit das Leitprinzip, um die Chancen und Risiken digitaler Interventionen bei Geflüchteten zu analysieren. Darüber hinaus werden die Perspektiven eines agency-basierten Einsatzes digitaler Interventionen für Geflüchtete aufgezeigt. Auf dieser Grundlage können therapeutische Konzepte entwickelt werden, die aus ethischer Sicht zu einer Verbesserung der Versorgungssituation von Geflüchteten beitragen können.