Zusammenfassung Hintergrund Die Eindämmung der COVID-19-Pandemie in Sammelunterkünften für Geflüchtete ist für die Wahrung deren körperlicher und psychischer Gesundheit enorm wichtig. Unklar ist, welche Maßnahmen in diesem Setting ergriffen werden, um das Infektionsrisiko zu senken, zusätzliche Stressoren in der Pandemie zu minimieren und über ergriffene Maßnahmen aufzuklären. Ziel Situationsanalyse der Maßnahmen, die zur Prävention und Eindämmung des SARS-CoV-2-Virus in Sammelunterkünften für Geflüchtete ergriffen wurden, sowie Identifizierung von Unterstützungsbedarfen der Aufnahmebehörden. Methoden Qualitative Interviewstudie mit 48 für die Unterbringung von Geflüchteten zuständigen Ansprechpartner*innen in den Aufnahmebehörden. Einzelinterviews wurden wörtlich transkribiert und mittels Framework-Analyse ausgewertet. Ergebnisse In Bezug auf Maßnahmen des Infektionsschutzes, gesundheitlicher Information und Aufklärung, sozialer und gesundheitlicher Angebote, Testung auf SARS-CoV‑2 und Quarantäne zeichnet sich ein heterogenes Bild ab. Zur Abstimmung und Durchführung der Maßnahmen erwies sich eine effektive intersektorale Kooperation als besonders wichtig. Unterstützungsbedarfe bestehen in der Verbesserung der Unterbringung, dem vermehrten Einsatz von Sprachmittler*innen sowie der lokalen Stärkung gesundheitlicher Fachexpertise. Fazit Aufgrund der hohen Anzahl an Akteur*innen und der Komplexität von Strukturen und Prozessen übernehmen Aufnahmebehörden ad hoc essenzielle Aufgaben des Infektionsschutzes, für die sie unzureichend aufgestellt sind. Für die Eindämmung der Pandemie sind eine settingspezifische Bündelung fachlicher Empfehlungen und Information auf Bundesebene sowie deren lokale Translation durch die proaktive Einbindung des öffentlichen Gesundheitsdienstes unabdingbar.
Objectives: COVID-19 containment and mitigation measures have been criticised for amplifying pre-existing individual and structural vulnerabilities among asylum seekers. We qualitatively explored their experiences with and attitudes towards pandemic measures to inform people-centred responses in future health emergencies.Methods: We interviewed eleven asylum seekers in a German reception centre (July-December 2020). The semi-structured interviews were recorded, transcribed, and analysed thematically with an inductive-deductive approach.Results: Quarantine was experienced as burdensome by participants. Shortcomings in social support, everyday necessities, information, hygiene, and daily activities exacerbated the strains of quarantine. Interviewees held different opinions about the usefulness and appropriateness of the various containment and mitigation measures. These opinions differed by individual risk perception and the measures’ comprehensibility and compatibility with personal needs. Power asymmetries related to the asylum system furthermore impacted on preventive behaviour.Conclusion: Quarantine can amplify mental health burdens and power asymmetries and can therefore constitute a considerable stressor for asylum seekers. Provision of diversity-sensitive information, daily necessities, and accessible psychosocial support is required to counteract adverse psychosocial impacts of pandemic measures and safeguard wellbeing in this population.
Health data of refugees and asylum seekers (ASR) is not routinely collected in Germany. Based on health data of ASR collected in 2018 in regional accommodation centres, we developed a dashboard to estimate regional burden of disease in Baden-Wuerttemberg, Germany. We aimed to find out how scientific data can support actors involved in healthcare planning for ASR in Germany and, within this scope, to explore how healthcare planning is conducted in this context. We conducted 12 qualitative semi-structured interviews including a usability test for a health data dashboard with regional decision-makers. Results showed that healthcare planning processes for ASR in Germany involve a complex set of actors in both long- and short-term decision-making. Data gained from representative surveys can support long-term decision-making and thus support the resilience of the health system, but it must balance the need for simple data presentation with transparent communication of potentially complex methods.
Zusammenfassung Hintergrund Geflüchtete Menschen in Sammelunterkünften (SU) sind durch hohe Belegungsdichte und gemeinschaftlich genutzte Räume einem erhöhten SARS-CoV-2-Infektionsrisiko ausgesetzt. Unklar ist, mit welchen (organisationalen) Akteuren und in welcher Form die Aufnahmebehörden im Rahmen ihrer Krisenreaktion zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie zusammenarbeiteten. Ziel des Beitrags ist es, die Zusammenarbeit zwischen Aufnahmebehörden und weiteren an der Unterbringung und Versorgung beteiligten Akteuren während der ersten Welle der COVID-19-Pandemie darzustellen und Empfehlungen für eine zukünftig verbesserte Krisenreaktion abzuleiten. Methoden Datengrundlage bilden qualitative Interviews die im Zeitraum Mai–Juli 2020 mit Ansprechpersonen in Aufnahmebehörden, die für die Unterbringung von Geflüchteten zuständig sind (N = 46). Es erfolgen eine Visualisierung von Akteursnetzwerken und eine qualitative Analyse des Datenmaterials mittels Framework-Methode. Ergebnisse Die Aufnahmebehörden arbeiteten mit einer Vielzahl weiterer (organisationaler) Akteure zusammen. Am häufigsten wurden Gesundheitsämter, Sozialarbeiter*innen und Sicherheitsdienste genannt. Die Krisenreaktion fiel sehr unterschiedlich aus, häufig in Abhängigkeit von Engagement, Wissen und Einstellungen einzelner Personen und beteiligten Organisationen. Bei Abwesenheit einer koordinierenden Stelle konnte es zu Verzögerungen durch eine „Wartehaltung“ der beteiligten Akteure kommen. Fazit Die Krisenreaktion in SU für Geflüchtete würde von einer klaren Zuordnung der koordinierenden Funktion an einen geeigneten Akteur profitieren. Anstelle von Ad-hoc-Lösungen bedarf es nachhaltiger Verbesserungen im Sinne einer transformativen Resilienz, um strukturelle Vulnerabilitäten zu reduzieren.
Background During the COVID-19 pandemic, newly arriving asylum seekers undergo mandatory quarantine in many European countries. Quarantine is likely to amplify pre-existing strains associated with asylum seeking, including limited autonomy and barriers for care-seeking. Our objectives were a) to elicit asylum seekerś experiences with quarantine regarding their mental health and needs and b) to explore how they assess the measure. Methods We conducted 9 semi-structured interviews with asylum seekers in a German reception centre (July-December 2020). Individuals with quarantine experience who spoke German, English or French were invited to participate. The interviews were recorded, transcribed and analysed thematically with an inductive-deductive approach. Funding: German Federal Agency for Health Education (BZgA). Results The participants (2 women, 6 men and a couple from Syria, Algeria, Yemen, Bangladesh and Cameroon) experienced the quarantine as a difficult situation and described feeling locked-in and bored. Obsessive thinking, loneliness, sleeping problems and feelings of abandonment were repeatedly reported. Unmet basic needs (e.g. special foods, cleaning tools, shampoo, Wi-Fi) and unclarity about access to social or emergency help further impaired wellbeing in some cases. In view of negative PCR test results, the rationale of mandatory quarantine was questioned by some. Assessments of the quarantine varied: Some favoured individual responsibility, physical distancing and hygiene measures over quarantine, while others considered it necessary for health protection despite the strains entailed. Conclusions Quarantine can be a considerable stressor for asylum seekers. In this explorative study, shortcomings in the provision of daily necessities and information were visible. Potential adverse impacts of quarantine on wellbeing should be minimised through ensuring its comprehensibility, the supply of daily needs and low-threshold access to psychosocial support. Key messages Quarantine can be a significant stressor for newly arriving asylum seekers. Quarantine-induced stress should be minimised through appropriate information, the provision of daily necessities and psychosocial support.
Zusammenfassung Hintergrund Geflüchtete Menschen sind vielfältigen psychosozialen Belastungen ausgesetzt. Zur Förderung ihrer psychischen Gesundheit werden u. a. Peer-Ansätze verfolgt. Wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Voraussetzungen einer erfolgreichen Implementierung entsprechender Ansätze für geflüchtete Menschen in Deutschland liegen bisher jedoch kaum vor. Ziel Ziel ist es, Erkenntnisse über die Sichtweisen geflüchteter Menschen auf einen gruppenbasierten Peer-Ansatz der Psychoedukation und psychosozialen Stabilisierung („Mind-Spring“) in einem kommunalen Setting zu erlangen sowie Barrieren und fördernde Faktoren der Inanspruchnahme zu identifizieren. Methoden Nach Einführung des Ansatzes in einer Region Baden-Württembergs wurden acht leitfadengestützte Interviews mit zwei Peer-Trainern und sechs geflüchteten Menschen, die als potenzielle Teilnehmer*innen adressiert worden waren, durchgeführt. Die Interviews wurden aufgezeichnet, transkribiert und inhaltsanalytisch ausgewertet. Ergebnisse Die Teilnahme an der psychosozialen Intervention beruht auf heterogenen Bedarfen und Nutzenerwartungen. Eine aufsuchende, personalisierte Ansprache, sprachliche Verständigungsmöglichkeit und wohnortnahe Durchführung werden als fördernd erlebt. Hemmend wirken sich Faktoren wie die Sorge vor Stigmatisierung und fehlendes Vertrauen in Durchführende und andere Teilnehmende aus. Schlussfolgerung Bei der Implementierung von psychosozialen Interventionen für geflüchtete Menschen sind eine niedrigschwellige Organisation und Orientierung an den Bedarfen und Nutzenerwartungen von geflüchteten Menschen zu beachten. Die Akzeptanz wird durch ein ausgewogenes Verhältnis von Peer- und Otherness sowie die Anbindung an professionelle Versorgungsstrukturen unterstützt.
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