Ausgangspunkt und Zielvorstellung aller Erörterungen über die gestörte Stimmfunktion ist die gesunde Stimme. Die physiologische Stimmfunktion, die sog. "Euphonie", ist bis heute nicht hinreichend definiert. Ihre Parameter sind im wesentlichen unbekannt. Das liegt nicht nur an der jahrzehntelangen Vernachlässigung der Funktionsdiagnostik des Stimmapparates, sondern auch an der unzureichenden Klärung der Begriffe Gesundheit und Krankheit überhaupt.Eine kritikfeste Theorie der physiologischen Stimmfunktion ist nicht allein im BUck auf das Organ zu gewinnen, jedenfalls nicht im Falle der menschlichen Stimme. Sie hätte ihren Ausgang von dem Sachverhalt zu nehmen, daß die uneingeschränkt kommunikationsfähige Stimme zugleich eine gesunde Stimme ist. Wir schlagen vor, eine Stimmfunktion dann als "gesund" zu klassifizieren, wenn Modulationsfähigkeit, Lautstärkesteigerungsvermögen und Klangfarbe uneingeschränkt zur Verfügung stehen, um in den jeweils auftretenden Sprechsituationen nicht nur den rationalen Nachrichteninhalt, sondern auch die adäquate Menge an ektosemantischen Informationen zu übermitteln.Die Spezifik menschlichen Sprechens besteht darin, daß es immer zugleich Ausdrucksbewegung ist. Menschliches Sprechen geht in jedem Falle über die emotional unbeteiligte Darstellung von Sinnzusammenhängen bzw. Sachverhalten hinaus. Menschliche Rede hat stets einen Stimmungsgehalt. Lautsprachliche Mitteilung ist nicht nur rationale, sondern auch emotionale Information [35, 61]. Mittels des akustischen Kanals kommunizieren Menschen auf zwei Ebenen miteinander: der semantischen und der emotionalen Ebene. In der zwischenmenschlichen Kommunikation gibt es daher kein lautsprachliches Zeichen an sich; dieses ist stets von der kommunikativen Situation geprägt. Das lautsprachliche Signal ist stets ein Komplexsignal; es ist nicht nur Information des Sprechers, sondern auch Information über den Sprecher. Das lautsprachliche Signal ist ein Komplex der verschiedensten Informationsparameter. Es informiert den Empfänger zugleich über die Antriebs-und Stimmungslage des Expedienten, über dessen Alter, Geschlecht, Mundart und Umgangssprache [35]. Sprachsignale identifizieren den Sprecher. Von den außersprachlichen Kommunikationsmitteln wie Mimik und Gestik, Körperhaltung und Ortsveränderung abgesehen, äußern sich Stimmung bzw. Kommunikationssituation in jenem Komplex phonetischer Mittel, den wir als Intonation bezeichnen. Zu diesem Komplex gehören folgende Faktoren: die Sprechmelodie (als Wechselspiel von Stimmlage, Stimmumfang und Tonhöhenverlauf), die Lautheit, mit der die einzelnen Wörter und Silben gesprochen werden, das Sprech-Brought to you by | Nanyang Technological University Authenticated Download Date | 5/31/15 4:22 PM