Berührungsmedizin – ein komplementärer therapeutischer Ansatz unter besonderer Berücksichtigung der Depressionsbehandlung

Abstract

ZusammenfassungHaut-zu-Haut-Berührung stellt die ursprünglichste Sinneserfahrung von Mensch und Tier dar. Ein Mangel an Berührung in der Kindheit ist mit negativen Folgen für die psychosoziale und körperliche Gesundheit verbunden. Für die Entdeckung von Rezeptoren für Temperatur und Berührung im Körper wurde 2021 der Medizin-Nobelpreis verliehen. Klinische Studien belegen den Nutzen von professionellen Berührungstechniken zur Prävention und Therapie verschiedener Erkrankungen. Der breiten Anwendung einer professionellen Berührungstherapie gilt jedoch bis heute nur ein geringes klinisches Interesse. Wir schlagen eine neue Fachdisziplin der „Berührungsmedizin“ vor und spannen nachstehend einen Bogen zwischen den Erkenntnissen moderner Berührungsforschung und der klinischen Medizin. Exemplarisch steht dabei die Behandlung der primär als Leibkrankheit konzipierten Depression im Vordergrund. Kontrollierte Studien und systematische Übersichten belegen die antidepressive, anxiolytische sowie analgetische Wirksamkeit spezieller Massagetechniken in dieser Indikation. Auch für die Neonatologie, Pädiatrie, Schmerzmedizin, Onkologie und Geriatrie konnte die Wirksamkeit heilsamer Berührung gezeigt werden. Die jeweiligen Wirkmechanismen werden auf verschiedenen Konstrukt-Ebenen diskutiert. Im Vordergrund des internationalen Forschungsinteresses stehen derzeit das Interozeptionskonzept, zum anderen endokrinologische, z. B. oxytocinerge Effekte und die Aktivierung sog. CT-Afferenzen.

Dysfunctional self-reported interoception predicts residual symptom burden of fatigue in major depressive disorder: an observational study

“…However, the patient’s consent to participate in exercise therapy could be hampered by the main features of MDD, such as severe fatigue, lack of interest, motivation loss, psychosomatic complaints, or comorbidity with physical diseases [ 83 ]. Others have therefore suggested the use of psychoregulatory massage therapies as complementary treatments for MDD, which have shown antidepressant, anxiolytic, analgesic, calming, and fatigue-reducing effects, probably via an interoceptive mechanism of action [ 84 – 90 ]. The frequent use of touch-based treatments in depressed patients may support their wider application [ 91 ].…”

Walter H, Haaf R, Köhler S. Therapiemöglichkeiten der Depression nach Non-Response

“…Wir danken den Herausgebern und Autoren für den insgesamt gut recherchierten und auf dem Hintergrund der deutschen Leitlinie (LL) zur unipolaren Depression verfassten Artikel. Die Anlehnung an die LL führt leider auch zu einer bedauerlichen speziellen Ausblendung bei der Diskussion “… weiterer Therapieoptionen sowie Basismaßnahmen jenseits der Standardtherapien ….“ Dies betrifft die inzwischen doch recht starke Evidenz der antidepressiven Wirksamkeit manueller Therapieverfahren und insbesondere verschiedener Formen der Massage, mit der sich unsere Arbeitsgruppe seit vielen Jahren theoretisch und empirisch-klinisch beschäftigt 1 und die z. B. in einem neuen Buch zur therapieresistenten Depression ihren positiven Niederschlag gefunden hat 2 .…”

“…Denn wenn es zu zeitlichen verschobenen und dosisabhängigen Blockaden von Serotonin- und noradrenergen Transportern kommt, dann können daraus auch unterschiedliche dosisabhängige klinische Effekte resultieren. Insgesamt stellt sich die Evidenz für eine fehlende Dosis-Wirkungs-Beziehung bei den SNRI auf Basis dieser Metaanalyse als geringer dar als in den Metaanalysen zur Hochdosisbehandlung bei SSRI (keine bessere Wirksamkeit) oder bei den Fragestellungen zur Antidepressiva-Kombination oder dem Antidepressiva-Wechsel, welche u. a. durch die Arbeitsgruppe um Prof. Bschor in methodisch hervorragenden Metaanalysen ebenfalls untersucht wurde 1 , 2 .…”

Caresses, whispers and affective faces: A theoretical framework for a multimodal interoceptive mechanism underlying ASMR and affective touch

“…There is a significant body of evidence showing that social support has positive effects on mood, mental health and wellbeing. [3,44,52,53] However, we are living in a world where our social interactions are increasingly occurring in virtual environments. Perhaps the need for closeness and social support, combined with the immediacy of the virtual world, has led to an explosion of searches on internet for videos that attempt to simulate close human interactions (e.g., role-play ASMR F I G U R E 1 Somatosensory and audio-visual affective stimulation associated with the primary caregiver during early affiliative interactions is integrated as part of a multimodal interoceptive mechanism, conveying affective and physiological regulatory information.…”

“…There is a significant body of evidence showing that social support has positive effects on mood, mental health and wellbeing. [ 3,44,52,53 ] However, we are living in a world where our social interactions are increasingly occurring in virtual environments. Perhaps the need for closeness and social support, combined with the immediacy of the virtual world, has led to an explosion of searches on internet for videos that attempt to simulate close human interactions (e.g., role‐play ASMR videos).…”