UND ZUR HOCHDEUTSCHEN LAUTVERSCHIEBUNG.Wie überhaupt die mittel-und niederdeutschen dialecte einer grammatischen darstellung und begrenzung ihres gebiets noch harren, so ist auch der begriff des sogenannten niederrheinischen im ganzen ein vager, die grenzen und hauptunterscheidungsmerkmale des dialects sind noch von niemand genauer bestimmt worden. Man sieht wol im allgemeinen ganz richtig den dialect als einen solchen an, der den Übergang des hochdeutschen in das niederländische vermittele, wo und wie aber der Übergang stattfinde, darüber begegnet man meist unklaren anschauungen. Und diese ist auch gar nicht zu verwundern, da man den dialect doch hauptsächlich nach den literaturdenkmälern, die man ihm zuzuweisen pflegt, beurteilt Nun weichen aber die gedichte, welche wir niederrheinische nennen, in ihrem lautstande meist von einander ab, ihre entstehungsorte sind nicht genau bekannt und man kann daher auf sie keine sichern Schlüsse bauen. So ist z. b. besondere das Annolied, welches man ohne weiteres für kölnisch ausgibt (cfr. Koberstein I 5 , p. 154) nur geeignet, die Vorstellung vom kölnischen dialect zu verwirren, da es wenigstens in seinem jetzigen zustande nicht aus Köln hervorgegangen sein kann. Ganz ähnlich verhält es sich mit den von W. Grimm unter dem namen Wernhers vom Niederrhein herausgegebenen gedichten, in welchen ebenfalls der vom originale etwas abweichende dialect des Schreibers deutlich hervortritt, während die in derselben hs. enthaltenen, von einem ändern Schreiber geschriebenen Marienlieder (Haupt X) eine ganz reine mundart darbieten.
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