ZusammenfassungMit der digitalen Transformation von Arbeit wird das Verhältnis von Fremd- und Selbstbestimmung im Arbeitsprozess neu verhandelt. Insbesondere im Industriesektor sind Autonomie und Handlungsspielräume von Produktionsbeschäftigten durch den Einsatz digitaler Technologien neuen Rahmenbedingungen unterworfen. Während bislang häufig von den Kontrollpotenzialen neuer Technologien auf Einschränkungen von Beschäftigtenautonomie im Industriebetrieb geschlossen wurde, schlägt der Beitrag eine konzeptionelle Analyseperspektive vor, die die betrieblichen Strategien, die der Einführung digitaler Technologien vorausgehen, ins Zentrum rückt. Auf der Basis qualitativer Empirie aus drei Industriebetrieben wird eine Typologie vier betrieblicher Strategien der Leistungssteuerung unterschieden. An zwei empirischen Anwendungsfällen von Systemen der Echtzeit-Transparenz wird im Anschluss gezeigt, wie ein vermeintlich prototypisches Kontrollszenario zu reinterpretieren ist: Hinter dem Einsatz digitaler Systeme stehen vor allem prozessorientierte Rationalisierungsstrategien, die sich in den untersuchten Fällen mit einer Ausweitung der Anforderungen an Selbstorganisation und Eigenverantwortung koppeln. Für die Beschäftigten hat dies aber nicht weniger, sondern andere Formen der Belastung und Fremdbeherrschung zur Folge als in dem häufig skizzierten Kontrollregime eines digitalen Taylorismus.
Unser Beitrag möchte die Frage danach, wie der unternehmerische Einsatz digitaler Technologien Kontrolle und Autonomie von Beschäftigten verändert, vor dem Hintergrund der von uns 2008 beleuchteten Prinzipien der marktorientierten Produktionsweise neu aufwerfen: Hierzu unterscheiden wir erstens zwischen verschiedenen Nutzungsstrategien digitaler Technik und beleuchten zweitens die Produktivitätspotenziale von Kontrollformen jenseits der (digitalen) Durchsteuerung des Arbeitsprozesses. Diskutieren möchten wir dies – vor dem Hintergrund eines aktuellen Forschungsprojekts – an zwei typischen Anwendungsfeldern der Digitalisierung von Arbeit: einerseits am Beispiel von Datentransparenz und Echtzeit-Fehleranalyse in der Industrie 4.0, andererseits an der Arbeitsform des Crowdsourcings.
scite is a Brooklyn-based organization that helps researchers better discover and understand research articles through Smart Citations–citations that display the context of the citation and describe whether the article provides supporting or contrasting evidence. scite is used by students and researchers from around the world and is funded in part by the National Science Foundation and the National Institute on Drug Abuse of the National Institutes of Health.