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Aspekte zum Verhaltnis der beiden Wissensformen in historischen ErfahrungsraumenEine Thematik zum historischen Verhaltnis von Wissenschaft und Bildung (nicht Fach-, Berufs-oder Spezial-, sondern Allgemeinbildung) Iauft Gefahr, zur unendlichen Geschichte auszuarten, zumal sie es mit zwei unscharfen Begriffswelten zu tun hat. Dieser Essaybegrenztsichauf folgende Aspekte:Nach Vorbemerkungen (Abschnitt 1) folgen Einblicke in die Gegenwartssituation der ,Wissensgesellschaft' (Abschnitt 2); begriffsgeschichtliche Bemerkungen (Abschnitt 3) leiten sodann uber zum exemplarischen Blick auf Erscheinungsformen des geschichtlichen Wandels im Korrelat von Wissenschaft und Bildung (Abschnitt 4)'. Der Entwurf mochte Fragen dazu anregen, inwieweit in den Veranderungen auch Konstanten erkennbar sind. Einige Zitate mogen das illustrieren. Der franzosische Enzyklopadist Vinzenz von Beauvais (t um 1264) begrundete sein Speculum maius, das er auf den gesicherten Wissensbestand der Menschheit in Raum und Zeit gebaut sah, damit, daR die Menge der Bucher (,,multitude librorum"), die Kurze der Zeit (,,brevitas temporum") und die Labilitat der Memoria es nicht erlaubten, alles Geschriebene ohne solches Kompendium in gleicher Weise geistig zu erfassen'. Der Schweizer humanistische Polyhistor und Naturforscher Konrad Gessner (t 1565) begrundete seine groD angelegte Gelehrsamkeitsgeschichte Bibliotheca universalis mit dem qualenden Gedanken, daB volliger Bucherverlust, wie der Untergang groDer Bibliotheken der Antike, als Katastrophe den Ruckfall in die Barbarei bedeute: Wenn [. . ] unsere Nachkommen (was Gott verhiiten moge) jene hervorragenden Instrumente der Wissenschaften, Kunste und jeder Art von Gelehrsamkeit verlieren, werden sie sich [...I kaum noch von den iibrigen Lebewesen unterscheiden. So geht es namlich heute jenen Volkem, welche die weit von uns entfernten, kurzlich erst entdeckten Lmder oder Inseln bewohnen.
Historische und theoretische Aspekte zur Vewissenschaftlichung von Wissen und zur Wissenschaftsorganistion in der friihen NeuzeitDas diesjtihrige Symposium f k Wissenschaftsgeschichte wendet sich einer Thematik zuder Entstehung neuer Wissenschaften in der Neuzeit -, welche historische Aspekte, an denen alle hier vertretenen Disziplinen mehr oder minder teilhaben, und theoretische Aspekte, die im Wissenschaftsverstandnis der Einzeldisziplinen auseinanderstreben, miteinander vereinen mul3. Die Frage nach dem Entstehen der einzelnen Fachwissenschaften im umfassenden Bereich von Natur-und Geisteswissenschaften klingt zunachst recht einfach. Wir alle stelled uns wohl hierzu recht konkret Hauptstationen und Namen des Weges wissenschaftlichen Fortschritts bis zur heutigen Situation vor, -Stationen von der sogenannten Copemicanischen Wende in Ablosung des ptolemaischen vom heliozentrischen astronomischen Weltbild und von der humanistischen Opposition gegen scholastischen Traditionalismus irn 16. Jahrhundert iiber die verschiedenen Stufen der Institutionalisierung neuer Disziplinen an den Universitaten, wie der Mathematik, Geographie, Historie, der klassischen und dann auch der neusprachlichen Philologien in der Philosophischen Fakultat, wie der Anatomie, Chirurgie und anderer Zweige in der Medizinischen Fakultat, und schliel3lich denkt man vor allem an den Aufbruch der ,,exakten" (Natur-)Wissenschaften und der ,,positiven" Wissenschaften im 19. Jahrhundert. Es ist ein durchaus populiir vertrauter Sachverhalt, dal3 die alteste, im spezifischen Sinne wissenschaftliche Bildungsinstitution in Europa, die Universitat, ihre Rechtsgestalt seit dem Mittelalter verandert hat durch stete Integration neuer Lehrfacher, so daB die heutigen Fakultaten eine Vielfalt an Disziplinen oder/und Wissenschaften beherbergen, welche die urspriinglichen vier Grundfakultaten (Theologie, Jurisprudenz, Medizin und als Propadeuticum die Artes) gesprengt, den Fakultatsrahmen uberdehnt haben. Vor allem die Artistenfakultat bzw. die seit etwa 1600 so benannte Philosophische Fakultat' hat seit dem Spatmittelalter gravierende Veranderungen durchgemacht durch die Auflosung der ehemaligen septem artes liberales (Trivium -Quadrivium), die Ausgliederung der ,,Humaniora" in das Gymnasium, durch Verselbstiindigung der expandierenden Naturwissenschaften in Loslosung von den sprachlich-philosophischen Bildungsfachern' und durch das Aufsteigen der Philosophie zur Fachwissenschaft . Das alles vollzog sich in jahrhundertelangen Entwicklungen, die bis zum 19. Jahrhundert im Bruch mit der ,,scholastischen Universitat" einen gewissen Abschld und Wendekreis erreichten; Entwicklungen, die keineswegs nur praktisch-institutioneller Natur waren und sind, sondern symptomatisch fur prinzipielle Wandlungen im Wissenschaftsverstandnis, in der Methodenentfaltung und im Weltbild. L. Boehm:Die Thematik dieser Tagung klingt also aufs erste recht vertraut, wenn man an Namen denkt, deren Kenntnis heute sozusagen zur Allgemeinbildung gehort, wie Copernicus, Kepler oder Galilei, wie H...
Das Symposium befai3te sich mit einer Thematik, die zwar vordergriindig eingangig, vielleicht sogar simpel klingt, jedoch leicht zu dem Mifiverstandnis verleiten konnte, es auf den Problemkreis des Verhaltnisses von Wissenschaft und Ausbildung, das heifit der Wissenschaften und ihrer Vorbildung und damit auf schulische Aspekte zu verkurzen. Die Konzeption der Tagung ging indes von zwei weitergreifenden Uberlegungen aus.Einmal war der Sachverhalt vorauszusetzen, dai3 die Fragestellung sich einfugt in einen groi3en Themenkreis abendlandischer Geistesgeschichte. Das Wechselverhaltnis von Wissenschaft und Bildung stellt ein grundsatzliches Spannungsfeld dar, das die Wissenschaftsgeschichte von ihren Anfangen her durchzieht. Schon seit dem ersten Hohepunkt der Entfaltung griechischer Philosophie war in den Bezugen denkerischer Theorieentwicklung und den Erfordernissen von Bildung (paideza) als Ergebnis von Erziehung, Erfahrung, Ausbildung, Erkenntnis und Ethos ein eminent sensibles Spannungselement existent. Es hat einen fundamentalen Niederschlag gefunden in der vom platonischen Dialog
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