Seit der Veröffentlichung normativer Vorschriften zur Bemessung von Stahlfaserbeton in Deutschland und Europa gewinnt dessen Einsatz für tragende Konstruktionen des Hoch‐ und Ingenieurbaus stetig an Bedeutung. Nach Eintreten der Rissbildung im Beton ermöglichen Makrofasern aus Stahl eine effektive Übertragung von Zugspannungen über den Riss hinweg, was sich in Bezug auf das Durchstanztragverhalten als besonders vorteilhaft erweist. Während für die Durchstanztragfähigkeit stahlfaserbewehrter Flachdecken mit Plattendicken bis 150 mm zahlreiche Versuchsergebnisse vorliegen, fehlen Untersuchungen an praxisrelevanten Plattenstärken von 200 mm bis 300 mm nahezu gänzlich. Zudem versprechen Fortschritte in der Leistungsfähigkeit moderner Stahldrahtfasern ein verbessertes Trag‐ und Verformungsverhalten des Stahlfaserbetons. Zur Untersuchung des Durchstanztragverhaltens stahlfaserbewehrter Flachdecken mit praxisrelevanten Plattendicken wurden acht Durchstanzversuche an Flachdeckenausschnitten mit unterschiedlichen Plattenstärken durchgeführt. Als weitere Einflussparameter standen der Stahlfasertyp und insbesondere der Stahlfasergehalt im Vordergrund. Der vorliegende Beitrag liefert einen Überblick über die durchgeführten Versuche und diskutiert die gewonnenen Ergebnisse. Anhand eines Vergleichs der experimentell gewonnenen Versagenslasten mit den rechnerischen Durchstanztragfähigkeiten nach der Richtlinie „Stahlfaserbeton“ des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb) sowie nach fib Model Code 2010 erfolgt eine Bewertung der Bemessungsansätze.
Wie sind Leistungsklassen mit Fasermengen und Faserarten verknüpft? Dieser Frage widmet sich der Beitrag anhand von Datenbanken. Ziel ist es, Hilfen für die Tragwerksplanung und die Kalkulation zu liefern, um Faserzugaben – also ein Mehr an Material und Kosten – Einsparungen an Stabbewehrung und Erleichterungen bei der Bewehrungsmontage gegenüberstellen zu können. Im Unterausschuss „Stahlfaserbeton” des Deutschen Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb) wurde dazu eine umfassende Datenbank zu Biegebalkenprüfungen erstellt, die mit ca. 1100 Versuchsserien den für die heutige Baupraxis relevanten Bereich üblicher Stahlfaserbetone abdeckt. Die Erkenntnisse der Datenbank sind Bestandteil mehrerer Beiträge dieses Sonderheftes. Der vorliegende Beitrag stellt die Datenbank in ihren Grundzügen vor, behandelt ihre Auswertung hinsichtlich praxistypischer Stahlfaserbetonrezepturen, der Streuungen im Zugtragverhalten sowie den häufig diskutierten Zusammenhang zwischen Fasergehalt und Materialkennwerten des Stahlfaserbetons. Hierfür werden die Versuchsdaten anhand der kennzeichnenden Parameter Betondruckfestigkeit, Faserschlankheit, ‐zugfestigkeit und ‐gehalt in einzelnen Kategorien zusammengefasst. Für jede der Kategorien werden obere (95 %‐Quantil) und untere Grenzwerte (5 %‐Quantil) sowie die im Mittel erreichten Biegezugfestigkeiten bestimmt. Die aus den Werten ermittelten Bandbreiten können Planende (Leistungsklasse) sowie Kalkulatoren (Fasergehalt) zukünftig als Orientierungswerte nutzen.
Aufgrund des zunehmenden Alters des Brückenbestands, steigender Verkehrslasten und veränderter normativer Grundlagen und Bemessungsvorschriften ist die Querkrafttragfähigkeit bestehender Spannbetonbrücken mit geringer Querkraftbewehrung seit Längerem Gegenstand verschiedener Forschungen. Der Lehrstuhl für Massivbau der Technischen Universität München (TUM) konnte im Rahmen eines vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) geförderten Forschungsvorhabens im Jahr 2017 einzigartige In‐situ‐Querkraftversuche an der 1955 erbauten Saalebrücke Hammelburg durchführen. Speziell bei den vor 1966 erbauten Betonbrücken treten bei systematischen Nachrechnungen hinsichtlich der Querkrafttragfähigkeit in Längsrichtung meist massive rechnerische Defizite auf, die oftmals am realen Bauwerk nicht bestätigt werden können. Ziel dieser zerstörenden Untersuchungen an der zum Rückbau vorgesehenen Brücke war es deshalb, das Verhalten von realen Spannbetonbrücken unter Querkraftbeanspruchungen zu untersuchen, um einen Beitrag zu einer wirklichkeitsnäheren Bemessung von älteren Bestandsbrücken zu liefern. In diesem Beitrag werden die Konzeption und Durchführung der Versuche sowie das Bestandsbauwerk und die verwendete Messtechnik beschrieben, in dem folgenden Teil 2 zu diesem Beitrag werden die Ergebnisse der Versuche diskutiert und bewertet.
Die DAfStb‐Richtlinie „Stahlfaserbeton“ bildet in Deutschland die normative Grundlage zur Durchstanzbemessung stahlfaserverstärkter Flachdecken. Mangels ausreichender Erkenntnisse wurde hierbei eine Kombination von Stahldrahtfasern und zusätzlicher Durchstanzbewehrung explizit ausgeschlossen. Während umfassende Untersuchungen an stahlfaserverstärkten Flachdecken ohne Durchstanzbewehrung vorliegen, sind den Autoren lediglich acht Versuche mit Durchstanzbewehrung bekannt. Diese wenigen Versuche verwendeten für Deutschland untypische Bewehrungsformen oder zeigten ein Biegeversagen, weshalb diese nur bedingt zutreffende Aussagen über das Tragverhalten erlauben. Aufgrund dieser Tatsache sowie der zu erwartenden günstigen Tragwirkung wurden zur Untersuchung des Tragverhaltens stahlfaserverstärkter Flachdecken mit Bügeln und Doppelkopfbolzen als Durchstanzbewehrung sieben Versuche durchgeführt. Das Versuchsprogramm umfasst neben einem faserverstärkten Versuch ohne Durchstanzbewehrung zwei faserfreie und vier faserverstärkte Versuche mit Durchstanzbewehrung. Der vorliegende Beitrag beschreibt die durchgeführten experimentellen Untersuchungen und diskutiert die gewonnenen Ergebnisse.
Die Durchstanzbemessung stahlfaserverstärkter Flachdecken erfolgt derzeit in Deutschland anhand der bauaufsichtlich eingeführten Richtlinie „Stahlfaserbeton” des Deutschen Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb). Die Zugabe von Stahlfasern in den Beton ermöglicht nach dem Eintreten der Rissbildung eine effektive Zugkraftübertragung über den Riss hinweg und begrenzt die fortschreitende Rissöffnung, was sich für die Durchstanztragfähigkeit von Flachdecken als besonders günstig erweist. Zahlreiche Untersuchungen seit Mitte der 1970er Jahre bestätigten dies und ermöglichten die Ableitung empirischer und teils mechanisch basierter Ansätze zur rechnerischen Erfassung der Fasertragwirkung beim Nachweis einer ausreichenden Durchstanztragfähigkeit ohne Durchstanzbewehrung. Zur Bewertung und Weiterentwicklung dieser Ansätze wurde eine Datenbank zu Durchstanzversuchen an stahlfaserverstärkten Flachdecken ohne Durchstanzbewehrung aufgebaut. Unter Beachtung der zugrunde gelegten baupraktischen Anforderungen in Bezug auf die Plattendicke, den Längsbewehrungsgrad sowie die Betondruck‐ und die Nachrisszugfestigkeit konnten etwa 116 Versuche in die Durchstanz‐Datenbank „Stahlfaserbeton” aufgenommen werden. Dieser Beitrag stellt die Datenbank vor und diskutiert deren Auswertung hinsichtlich der Vorhersagegenauigkeit und des Sicherheitsniveaus der Bemessungsansätze nach der DAfStb‐Richtlinie „Stahlfaserbeton” sowie nach Model Code 2010.
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