In transparent orthographies like German, isolated learning disabilities in either reading or spelling are common and occur as often as a combined reading and spelling disability. However, most issues surrounding the cognitive causes of these isolated or combined literacy difficulties are yet unresolved. Recently, working memory dysfunctions have been demonstrated to be promising in explaining the emergence of literacy difficulties. Thus, we applied a 2 (reading disability: yes vs. no) × 2 (spelling disability: yes vs. no) factorial design to examine distinct and overlapping working memory profiles associated with learning disabilities in reading versus spelling. Working memory was assessed in 204 third graders, and multivariate analyses of variance were conducted for each working memory component. Children with spelling disability suffered from more pronounced phonological loop impairments than those with reading disability. In contrast, domain-general central-executive dysfunctions were solely associated with reading disability, but not with spelling disability. Concerning the visuospatial sketchpad, no impairments were found. In sum, children with reading disability and those with spelling disability seem to be characterized by different working memory profiles. Thus, it is important to take both reading and spelling into account when investigating cognitive factors of literacy difficulties in transparent orthographies.
In dieser Studie wurden die Prävalenzraten von Lernschwächen und Lernstörungen und hierbei auftretende Geschlechtsunterschiede in der Mitte der Grundschulzeit anhand einer großen deutschen Stichprobe (N = 2195) untersucht. Bei Lernschwächen und -störungen treten isolierte oder mehrfache Minderleistungen in den drei basalen schulischen Grundkompetenzen Lesen, Rechtschreiben und Rechnen trotz einer unbeeinträchtigten Intelligenz auf. Die Lernstörung wird hier als eine Untergruppe der Lernschwäche verstanden und liegt nach ICD-10 (WHO, 2005) dann vor, wenn neben der Leistungsabweichung von der Norm zusätzlich eine deutliche Diskrepanz zwischen der Minderleistung und der Intelligenz eines Kindes besteht (sogenanntes doppeltes Diskrepanzkriterium). Die Ergebnisse zeigen, dass insgesamt bei 23.3 % der Kinder eine Lernschwäche in einem oder mehreren Leistungsbereichen vorliegt. In etwa die Hälfte dieser Kinder verfehlt das zusätzliche Kriterium für eine Lernstörungsdiagnose. Betrachtet man die einzelnen Prävalenzraten für isolierte und multiple Lernschwierigkeiten im Lesen, Rechtschreiben und/oder Rechnen, liegen diese bei den Lernschwächen zwischen 4 und 6 % und bei den Lernstörungen zwischen 2 und 4 %. Deutlich mehr Jungen sind von Lese-Rechtschreib- und deutlich mehr Mädchen von Rechenschwierigkeiten betroffen. In bisher vorgelegten Prävalenzstudien wurden nicht alle basalen Schulleistungen berücksichtigt, sondern nur die jeweils diagnosespezifisch fokussierten Minderleistungen. Dadurch sind das Erkennen mehrfach lernbeeinträchtigter Kinder und eine eindeutige Diagnose nach ICD-10 nicht möglich. In der vorliegenden Studie zeigte sich eine Verdoppelung der Prävalenzraten durch das alleinige Berücksichtigen der diagnosespezifisch relevanten Leistungen. Die Befunde werden vor dem Hintergrund der praktischen Relevanz einer ICD-Diagnose und der Bedeutung einer umfassenden Schulleistungsdiagnostik diskutiert.
Letter knowledge is considered an important cognitive foundation for learning to read. The underlying mechanisms of the association between letter knowledge and reading skills are, however, not fully understood. Acquiring letter knowledge depends on the ability to learn and retrieve sound-symbol pairings. In the current study, this process was explored by setting preschool children's (N = 242, mean age = 5.57 years) performance in the acquisition and retrieval of a paired associate learning (PAL) task in relation to their letter knowledge as well as to their performance in tasks assessing precursors of reading skills (i.e., phonological awareness, rapid automatized naming, phonological short-term memory, backward recall, and response inhibition). Multiple regression analyses revealed that performance in the acquisition of the PAL task was significantly associated with phonological awareness and backward recall, whereas performance in the retrieval of the PAL task was significantly associated with rapid automatized naming, phonological awareness, and backward recall. Moreover, PAL proved to be mediating the relation between reading precursors and letter knowledge. Together, these findings indicate that the acquisition of letter knowledge may depend on a visual-verbal associative learning mechanism and that different factors contribute to the acquisition and retrieval of such visual-verbal associations.
Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Für Kinder mit Lernstörung (LS) hören die Lernproblemen nicht mit dem Unterrichtsschluss auf, sondern setzen sich bei den Hausaufgaben fort. Dennoch ist über die Hausaufgabenpraxis bei LS wenig bekannt. Fragestellung: Ziel war es, die familiäre Hausaufgabenpraxis bei Kindern mit und ohne LS längsschnittlich zu untersuchen. Methode: 82 Eltern (davon 47 von einem Kind mit LS) wurden zu vier Zeitpunkten befragt und latente Veränderungsmodelle gerechnet. Ergebnisse: Eltern von Kindern mit LS berichteten mehr Kontrolle und Konflikte bei den Hausaufgaben und nahmen ihre Hilfe als weniger kompetent wahr. Auch forderten sie von ihren Kindern weniger Anstrengung ein. Längsschnittlich nahmen bei beiden Gruppen die Hausaufgabenkontrolle sowie die familiäre Belastung ab. Diskussion und Schlussfolgerung: Die schwierigere Hausaufgabensituation bei Kindern mit LS legt nahe, das Thema bei der Diagnostik anzusprechen und zu eruieren, wie die Familien entlastet werden können.
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We examined the contribution of rapid automatized naming (RAN) components (articulation time, pause time, and pause time consistency) to reading fluency, reading comprehension, and spelling in a sample of 257 German children (139 boys, 118 girls; Mage = 5.60 years, SD = 0.31) followed from kindergarten to Grade 1. In kindergarten, children were assessed on measures of RAN (colors and objects), phonological awareness, letter-sound knowledge, phonological short-term memory, and paired-associate learning. Reading fluency, reading comprehension, and spelling were assessed at the end of Grade 1. Hierarchical regression analyses revealed that pause time and pause time consistency continued to predict reading fluency, but not reading comprehension or spelling, after controlling for the effects of the other cognitive skills assessed in kindergarten. Articulation time did not add to the prediction of any literacy skills. These findings support previous research suggesting that, during the early phases of learning to read, pause time holds the key in the relation between RAN and reading fluency.
Epidemiologische Studien aus dem deutschen Sprachraum zeigen, dass Lernstörungen im Lesen und im Rechtschreiben häufig nicht nur in Kombination, sondern auch isoliert voneinander vorkommen. Während bereits viele Befunde über die kognitiven Besonderheiten des kombinierten Lese- und Rechtschreibdefizits vorliegen, gilt dies nicht für isoliert auftretende Schriftsprachstörungen. Unklar ist etwa, inwieweit das Vorliegen einer IQ-Leistungs-Diskrepanz, wie sie von der Weltgesundheitsorganisation in der ICD-10 ( WHO, 2011 ) zur Diagnose einer Lernstörung gefordert wird, tatsächlich mit kognitiven Unterschieden im Vergleich zu schriftsprachbeeinträchtigten Kindern ohne Lernstörungsdiagnose einhergeht. Daher wurden in der vorliegenden Studie die Arbeitsgedächtnisleistungen von 142 Drittklässlern mit isoliertem Lesedefizit, isoliertem Rechtschreibdefizit oder einem kombinierten Lese-und Rechtschreibdefizit jeweils mit den Leistungen einer lernunauffälligen Kontrollgruppe verglichen. Über einen Vergleich von schriftsprachbeeinträchtigten Kindern mit und ohne Lernstörungsdiagnose wurde in einem weiteren Analyseschritt die Relevanz des IQ-Diskrepanzkriteriums überprüft. Die Befunde der Studie zeigen, dass Minderleistungen im Lesen und/oder im Rechtschreiben jeweils mit unterschiedlichen Dysfunktionen im Arbeitsgedächtnis einhergehen. Demgegenüber konnten keine umfassenden Unterschiede in den Arbeitsgedächtnisprofilen von schriftsprachbeeinträchtigten Kindern mit und ohne Lernstörungsdiagnose nachgewiesen werden. Die Befunde liefern somit keine Argumente für die Angemessenheit des IQ-Diskrepanzkriteriums, wohl aber für die Notwendigkeit, künftig stärker zwischen isolierten und kombinierten Minderleistungen im Lesen und Rechtschreiben zu unterscheiden. Diskutiert werden resultierende Implikationen für die Diagnostik von Lernstörungen der Schriftsprache.
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