Seit Beginn der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Umbrüche in der arabischen Welt im Laufe des Jahres 2010 gab es viele Todesopfer. Für die Mitglieder der verschiedenen Protestbewegungen demonstriert ihr Tod die brutale Gewalt des jeweiligen politischen Gegners, der für diese Taten verantwortlich gemacht wird. Viele Aktivisten wie auch Hinterbliebene versuchen, dem schmerzhaften Verlust einen Sinn zu geben und betonen den Opfercharakter dieser Todesfälle. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den vielfältigen ästhetischen Ausdrucksformen, in denen dieser Helden und Märtyrer der sogenannten Arabischen Revolution in der Öffentlichkeit gedacht wird. Die Opfer der gewaltsamen Umbrüche und Transformationsprozesse werden meist idealisiert, ihr Tod-sei er als bewusstes Risiko selbst einkalkuliert oder auch als tragisches Schicksal ohne eigenes Zutun erfolgt-wird dabei aber auch häufig im Kampf um die politische Deutungshoheit instrumentalisiert. Beiden Richtungen ist gemeinsam, dass das öffentliche Gedenken an die Märtyrer dem Vergessen entgegenwirken soll. Ihre möglichst weithin sichtbare und ubiquitäre Repräsentation im öffentlichen Raum soll die Erinnerung an meist ungesühnte Verbrechen und tragische Vorfälle bewahren, als ob ein Erlöschen der Erinnerung eine Annullierung ihrer Taten bedeute und den Tätern den Schutz des Vergessens gewähre. Das Gedenken an die Toten bewegt sich also in einem ambivalenten Spannungsverhältnis von Sinnstiftung für unvermeidliches Leid und politischer Strategie. Besonders in Graffiti und Wandbildern nehmen Märtyrerfigurationen eine wichtige Stellung ein, weswegen diese im Folgenden als wichtiges Beispiel für den symbolischen Kampf um das öffentliche Gedenken dienen. Der Begriff ‚Graffiti' dient als Sammelbegriff für unterschiedliche thematische und stilistische Formen, Schriftzüge, Zeichen oder Bilder, die mit verschiedenen Techniken auf Oberflächen oder durch deren Veränderung im privaten und vor allem im öffentlichen Raum produziert werden. In den meisten Fällen bleibt die Autorschaft anonym oder pseudonym, da diese Werke größtenteils ohne Genehmigung angefertigt werden. Graffiti gelten als Bestandteil der Street-Art, worunter man unterschiedliche nichtkommerzielle Formen von Kunst im öffentlichen Raum versteht. Diese Formen schließen oft illegal und anonym oder unter Künstlernamen angebrachte Zeichen aller Art im urbanen Raum ein, die Passanten in einen Kommunikations-und gegebenenfalls auch Interaktionsprozess einbeziehen wollen. Die engere oder weitere Auffassung des Begriffes ‚Street-Art' ist an
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