Educational Governance beschäftigt sich mit der Handlungsabstimmung im Mehrebenensystem Schule und geht der Frage nach, inwiefern Schnittstellenprobleme bei der Interaktion der Akteure auf den Ebenen auftreten. Der Beitrag fokussiert unter dieser Prämisse die Ebene der Einzelschule und analysiert auf Grundlage von Daten einer bundesweit, quasi-längsschnittlich angelegten Online-Befragung von Schulleitungen, wie diese angesichts der unter dem Druck der Pandemie zunehmenden Dezentralisierung von Gestaltungsverantwortung Schule und Unterricht nach den beiden Lockdowns im März und Dezember 2020 unter den geltenden Bestimmungen des Infektionsschutzes organisiert und welche organisationalen Strukturen sie etabliert haben. Die Auswertungen zeigen, dass das Kollegium, die regionale Bildungsverwaltung und auch regionale Rektor:innenverbünde relevante Austauschpartner:innen für Schulleitungen darstellen. Zudem ist – zumindest kurzfristig – ein Digitalisierungsschub in den Schulen festzustellen, der sich einerseits in der Nutzung digitaler Strukturen (wie z. B. Durchführung von Videokonferenzen) niederschlägt, und der andererseits auf die kooperative Entwicklung von digitalisierten Lernmaterialien zielt. Inwiefern die unter dem Druck der Pandemie emergierenden Veränderungen auch nachhaltig Einfluss auf das Schulleben nach der Pandemie nehmen werden und in «echten» und somit nachhaltigen Schulentwicklungsprozessen verarbeitet werden, wird in der abschliessenden Diskussion aufgegriffen.
Im Zuge der Covid-19-Pandemie standen Bildungseinrichtungen vor beispiellosen Herausforderungen. Bedingt durch den bundesweiten Lockdown im März 2020 wurden formale Bildungsprozesse in Form des „Homeschooling“ an private Lernorte verlagert. Durch den Wegfall des Klassenraums als bewährten Unterrichtsort standen Schulleitungen und Lehrkräfte vor immensen Herausforderungen. Innerhalb kurzer Zeit mussten sie dem Lernen – vor allem über digitale Plattformen – einen neuen Raum geben. Sowohl mit der lockdownbedingten Schließung als auch mit der schrittweisen Wiederöffnung von Kindergärten, Schulen und Hochschulen gehen zahlreiche Aufgaben und Veränderungen einher, die alle Akteure deutlich herausfordern: Bildungsadministration, Schulleitungen, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler und deren Eltern. Es geht aber nicht nur um die Frage der Organisation von Schule und Unterricht, der Sicherung von Abschlüssen oder der digitalen und technischen Ausstattung von (finanziell benachteiligten oder bildungsfernen) Familien, sondern auch um die Frage, wie der Gesundheitsschutz für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte mit dem Recht auf Bildung und Teilhabe in Einklang zu bringen ist. Ausgehend von einer (mehrebenenanalytischen) Bündelung aktueller empirischer Forschungsarbeiten zur Covid-19-Pandemie intendieren wir, eine sachliche und evidenzbasierte Auseinandersetzung zur Reflexion der Covid-19-Pandemie zu initiieren sowie gegenwärtige Herausforderungen aus einer schulpädagogischen Perspektive zu diskutieren.
ZusammenfassungDie während der COVID-19-Pandemie ergriffenen Maßnahmen haben zu tiefgreifenden Veränderungen im schulischen Kontext sowie der Freizeitgestaltung von Kindern und Jugendlichen geführt. In Folge der Schulschließungen und Kontaktbeschränkungen zeigen sich Lernrückstände, aber auch Belastungen der mentalen Gesundheit. Bildungspolitisch werden stark variierende Aufholstrategien avisiert. Osnabrück setzte entsprechend ein datengestütztes Monitoring um, wobei im Juni 2021 und Mai 2022 Online-Befragungen in Form halbstandardisierter Fragebögen durchgeführt wurden („Muntermacher“, zweite Erhebung n = 534). Im Mai 2022 schloss sich Mülheim an der Ruhr an („Schule und Corona“, n = 995). Es wird anhand hierarchisch-linearer Regressionsmodelle untersucht, wie sich das schulische Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen in Osnabrück und Mülheim beschreiben lässt und welche Rolle der häusliche Hintergrund, institutionelle Merkmale sowie Indikatoren des Pandemiemanagements spielen. Die Ergebnisse zeigen, dass das schulische Wohlbefinden in beiden Städten hoch ausgeprägt ist. Der wahrgenommene Umgang mit Schulschließungen zeigt sich als signifikant negativer Prädiktor. Die wahrgenommene soziale Unterstützung zu Hause hat in beiden Städten einen positiven Einfluss. Auch die Bereitschaft, sich bei Problemen an die Klassenlehrkraft zu wenden, steht in Mülheim in einem positiven Zusammenhang mit dem schulischen Wohlbefinden. Die Relevanz individueller, häuslicher und schulischer Ressourcen unterscheidet sich teils regional. Die Befunde verdeutlichen, dass die Folgen der Pandemie nicht einseitig betrachtet werden dürfen und institutionelle Unterstützung evidenzbasiert sowie lösungsorientiert auf regionaler Ebene gewährleistet werden muss.
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