Vorgeburtliche Untersuchungsmethoden bieten schwangeren Frauen und ihren Partnern die Möglichkeit, Informationen über mögliche Erkrankungen oder Fehlbildungen des ungeborenen Kindes zu erhalten. Von ärztlicher Seite wird immer wieder betont, wie wichtig es ist, die Risiken zu kennen, um zumindest für die Geburt und die anschließende Versorgung von Mutter und Kind alle notwendigen Vorbereitungen treffen zu können. Den werdenden Eltern wird -je nach Befund -die Angst vor einem kranken oder behinderten Kind genommen, oder sie geraten in schwer wiegende Entscheidungssituationen. Denn nur für wenige Erkrankungen, die im Rahmen vorgeburtlicher Untersuchungen festgestellt werden können, stehen präventive oder therapeutische Mög-lichkeiten zur Verfügung. Deshalb stehen viele betroffene Frauen und ihre Partner nach einem auffälligen Befund vor der Entscheidung, ob sie die Schwangerschaft unter den gegebenen Bedingungen weiterführen wollen oder nicht.Nicht selten treten in diesen Fällen zusätzlich Paarkonflikte auf, beispielsweise dann, wenn sich die Frau sehnlichst ein Kind wünscht und sich ein Leben mit einem behinderten Kind durchaus vorstellen kann, während der Mann sich dieser Situation überhaupt nicht gewachsen fühlt und auf einen Schwangerschaftsabbruch drängt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Entscheidung, ein Kind auszutragen oder nicht, meist unter hohem Zeitdruck getroffen werden muss, da die Ergebnisse mancher pränataldiagnostischer Untersuchungen (z. B. Amniozentese) erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft zur Verfügung stehen. Rein rechtlich kann ein Schwangerschaftsabbruch nach der 12. Schwangerschaftswoche nur im Rahmen einer medizinischen Indikation erfolgen. Somit kommt für manche Frauen, die sich ein Leben mit einem behinderten Kind nicht vorstellen können, auch noch die zusätzliche Belastung eines Spätabbruchs hinzu, der schwer wiegende psychische Probleme auslösen kann (z. B. traumatische Belastung, depressive Symptomatik; vgl. Endres 1991). Doch auch die Entscheidung, mit einem behinderten Kind zu leben, bringt Belastungen mit sich, deren Tragweite die werdenden Eltern häufig erst nach längeren Beratungsgesprächen oder im Kontakt mit anderen Betroffenen begreifen.Aber nicht nur die Entscheidungskonflikte, die sich aus einem "positiven" Befund ergeben, sondern der gesamte diagnostische Prozess stellt eine potenzielle Belastungssituation dar. In vielen Fällen wird die "Wartezeit" auf den Befund als extrem belastend erlebt. Und bereits die Entscheidung, ob eine pränataldiagnostische Maß-nahme durchgeführt wird oder nicht, kann erheblichen Konfliktstoff bergen.