ZusammenfassungIn den 1950er-Jahren stellte das epidemische Auftreten der spinalen Kinderlähmung (Poliomyelitis) die Gesundheitssysteme weltweit vor große Herausforderungen. Da eine kausale Therapie der Viruserkrankung nicht existierte, kam der Expositionsprophylaxe eine besondere Bedeutung zu. Letztlich gelang es erst durch die Entwicklung von Impfstoffen, die spinale Kinderlähmung nachhaltig zurückzudrängen. In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wurde 1960 erstmals in Deutschland die Schluckimpfung nach Sabin-Tschumakow verabreicht, mit der binnen eines Jahres die nahezu vollständige Eradikation der spinalen Kinderlähmung in der DDR gelang. Der Artikel zeichnet anhand von unveröffentlichtem Archivmaterial die systematisch angelegte Impfaktion am Beispiel der damaligen Bezirkshauptstadt Halle (Saale) nach. Allein dort wurden im Mai 1960 innerhalb von 3 Tagen 63.328 Kinder und Jugendliche immunisiert. Bei 78.085 im Vorfeld erfassten Impflingen entsprach dies einer Quote innerhalb der poliovulnerablen Bevölkerungsgruppe von rund 81 %. Die Quellen zeigen, dass die staatliche Struktur des Gesundheitswesens der DDR und das Prinzip der aufsuchenden Impfung zum Erfolg der Impfaktion beitrugen.
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