Dieser Beitrag nimmt Erinnerungspraktiken in Familien mit Migrationsgeschichte in den Blick. Er geht der Frage nach, wie familiäre Erinnerungen erzählt werden können und welche spezifischen Herausforderungen mit deren Erforschung im Migrations- und Fluchtkontext einhergehen bzw. wie diese im Forschungsprozess bearbeitet werden können. Die Autorin argumentiert für eine systematische Verschränkung ethnographischer und biographischer Zugänge, um neben narrativ zum Ausdruck gebrachten Erinnerungsformen auch solche in die Analyse einbeziehen zu können, die als Praktiken nur in der Erhebungssituation zu beobachten sind bzw. in den Erhebungssituationen auch nonverbal als situative Ko-Konstruktion hervorgebracht werden. So wird es möglich, etwa mithilfe von Artefakten und anderen nonverbalen Aushandlungsprozessen erzählte „kleine Geschichten“ für die Analyse familiärer Erinnerungspraktiken zugänglich zu machen.
Lebensläufe und biographische Konstruktionen sind immer in soziale Differenz- und Machtverhältnisse eingebettet, die sich zwar in langfristigen Prozessen festschreiben, aber immer wieder situativ aktualisiert werden. Vor diesem Hintergrund ist eine Forschungsperspektive, die sowohl situative als auch biographische Aspekte eines Phänomens berücksichtigt, für eine ungleichheitstheoretisch informierte Forschung gewinnbringend. Mit einem ethnographisch-biographischen Untersuchungsansatz können sowohl praktische Vollzüge mit ihrer Kontextbezogenheit als auch die biographische Erfahrungsaufschichtung, die konkrete Situationen rahmt, in den Blick genommen werden. Auf der Grundlage beiden inhärenter impliziter Wissensbestände kann methodologisch begründet die Verknüpfung der beiden Ansätze erfolgen. Dies wird am Beispiel einer Studie ausgeführt, die für den Kontext einer bilingualen Schulklasse an der sogenannten „Sprachgrenze“ in der Schweiz danach fragt, wie die Akteurinnen und Akteure in ihrem mehrsprachigen Sprechen, aber auch im Sprechen über Mehrsprachigkeit Zugehörigkeiten und Differenzen markieren, bearbeiten und situativ aktualisieren. Mehrsprachigkeit wird dabei als soziale Praxis konzipiert, über die zugleich Identitäten und Zugehörigkeiten sowie Differenzen und Ausschlüsse hervorgebracht und verhandelt werden.
Families that live in a new environment after having fled or migrated go through transformation processes that are connected to various challenges and possibilities. The focus of this paper is on negotiations of language policies in family biographies and family language practices, comparing cases of migrant families who arrived to Switzerland in different legal contexts of migration. The article addresses how these transnational families negotiate the meaning of (family) languages against the background of hegemonic language and migration policies. Questions of how these policies are experienced and dealt with and in what ways they do enable or disable possibilities for action are addressed using a qualitative analysis of narrative family interviews and participant observations in transnational families that now live in German-speaking Switzerland. On the basis of the analyses of interview transcriptions and field notes, I show how families deal with experiences of social and educational inequalities in the context of transnational pathways of education and how these are negotiated in the families. Language learning appears not only as an (un)available possibility, but it also requires one to return to the status of a student. At the same time, it is accompanied by a deep struggle for identity and belonging.
scite is a Brooklyn-based organization that helps researchers better discover and understand research articles through Smart Citations–citations that display the context of the citation and describe whether the article provides supporting or contrasting evidence. scite is used by students and researchers from around the world and is funded in part by the National Science Foundation and the National Institute on Drug Abuse of the National Institutes of Health.