Achim Trube und Norbert Wohlfahrt gruppe auf der Basis der Hartz-IV-Reform berechnet wurde. Danach ergibt sich bei einem Haushaltskonzept ohne Berücksichtigung anrechnungsfreier Einkommensbestandteile ein Anteil von Bedürftigen in Höhe von etwa 10%, also etwa 8 Millionen Personen. Bei Inkrafttreten der Hartz-IV-Reform lagen gut 14% der Gesamtbevölkerung mit ihrem Einkommen (ohne Arbeitslosenhilfe und Hilfe zum Lebensunterhalt) unterhalb der jetzigen ALG II-Grenze, wobei auch hier die Bedürftigkeitsquote in den neuen Ländern um etwa 8 Prozentpunkte über der Quote in den alten Ländern liegt (Becker 2006).Das "abgehängte Prekariat" bzw. die These von einer zunehmenden Unterschicht in der BRD löst eine Debatte aus, was denn die Ursachen dieser Entwicklung hin zu mehr Armut in der Bevölkerung sein dürften und wie die Gesellschaft auf diese Entwicklung reagieren müsse. Der Hamburger Soziologe Heinz Bude führt dies auf die fehlende "soziale Mobilität" in dieser Gruppe zurück: in einer Befragung von "Unterschichtsangehörigen" berichten die Betroffenen, sie fühlten sich "ausgeschlossen vom Ganzen der Gesellschaft und hätten das Vertrauen in die Zukunft verloren". Seiner Ansicht nach erkauft "der deutsche Wohlfahrtsstaat ...Versorgungsansprüche mit Teilhabesperren" (Bude 2006). Demgegenüber führt der Arbeitgebervertreter Nikolaus Piper die wachsende Unterschicht auf mangelndes Wirtschaftswachstum zurück: "Das beste Mittel gegen Armut und sozialen Ausschluss sind sichere Arbeitsplätze. Und die liefert nicht der Staat, sondern eine dynamische Wirtschaft. Wachstum beseitigt nicht automatisch die sozialen Probleme, die in Jahrzehnten gewachsen sind. Aber es schafft die Grundlage, von der aus die Armut mit Aussicht auf Erfolg zu bekämpfen ist" (FAZ 22. Oktober 2006). In der gleichen Ausgabe titelt die FAZ: "Deutschland ist eine Klassengesellschaft. Schuld daran trägt der Wohlfahrtsstaat, der die Ungleichheit verfestigt". Das vorläufige Ergebnis der Unterschichtsdebatte -so lässt sich resümieren -ist das Gegenteil einer Analyse der Armut und ihrer gesellschaft-
Vorbemerkung: die Entdeckung der "Unterschicht"Im Spätherbst des Jahres 2006 entdeckt der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) Kurt Beck, dass es eine wachsende Anzahl von Menschen in der BRD gibt, die man als "Unterschicht" bezeichnen könne. Darauf hin entwickelt sich eine intensive öffentliche Diskussion, in deren Verlauf der Fraktionsvorsitzende der SPD, Franz Müntefering, in diesem Begriff eine Stigmatisierung entdeckt, die man nicht zulassen dürfe. Aus seiner Sicht führe die Verwendung des Begriffs "Unterschicht" nur zu einer "Spaltung der Gesellschaft". Anlass dieser Diskussion ist eine von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegebene Studie (vgl. Müller-Hilmer 2006), in der nach einer Zufallsauswahl 3.021 Personen befragt wurden. Ziel der Studie war es herauszufinden, ob die SPD noch ihr "klassisches" Klientel erreicht oder ob am Tatbestand der "Neuen Mitte" Abstriche vorgenommen werden müssen. 1 Aufsehen erregt in der Republik der ...
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