Zur Ätiologie psychogener nichtepileptischer Anfälle

Abstract

ZusammenfassungPsychogene nichtepileptische Anfälle (PNEA) sind anfallsartige Ereignisse, die epileptischen Anfällen oberflächlich ähneln, jedoch durch psychopathologische Prozesse und nicht durch epileptische neuronale Störungen verursacht sind. Dieser Über-sichtsartikel behandelt Fragen der ¾tiologie, Nosologie, Therapie und des Verlaufs von PNEA. Vergleichende Studien und Beschreibungen von Patientenserien zeigen, dass traumatische Erlebnisse in der Kindheit (insbesondere sexueller und körperlicher Missbrauch), Traumata im Erwachsenenalter, gestörte Familienverhältnisse, psychiatrische Komorbidität, Persönlichkeitsstö-rungen, hirnorganische Komorbidität, niedriger sozialer Status sowie finanzieller und sozialer Krankheitsgewinn eine prädispo-nierende, präzipitierende oder perpetuierende Rolle spielen kön-nen. PNEA sind also kein einheitliches Syndrom mit monokausaler Pathogenese, sondern können Manifestation einer groûen Zahl unterschiedlicher psychosozialer Störungen sein. Daraus ergibt sich für die Nosologie, dass PNEA im Widerspruch zu gängi-gen psychiatrischen Diagnosemanualen am besten als Symptom der zugrunde liegenden Störung benannt werden. Die Therapie muss auf den individuellen Patienten oder bestimmte Patientengruppen zugeschnitten werden und erfordert oft die Zusammenarbeit eines multidisziplinären Teams. Der Verlauf ist durch die PNEA verursachenden Probleme oder Störungen bestimmt. Aufgrund der komplexen ¾tiologie ist die langfristig erfolgreiche Behandlung häufig schwierig. AbstractPsychogenic nonepileptic seizures (PNES) are paroxysmal events, which superficially resemble epileptic seizures, which are, however, not caused by epileptic neuronal discharges but by psychopathological processes. This review summarizes the etiological knowledge to address the questions of causation, nosology, therapy and prognosis of PNES. Comparative and observational studies show that traumatic childhood experiences (especially sexual and physical abuse), trauma in adulthood, poor family relationships, psychiatric comorbidity, personality disorder, organic brain pathology, low social status as well as financial and social gain can play a predisposing, precipitating or perpetuating role. This suggests that PNES are not a unitary pathological entity but an expression of a number of different psychosocial disorders. In terms of nosology this means that PNES, contrary to their current position in diagnostic manuals, are best classified as manifestations of an underlying disorder. Consequently, therapy has to be designed to suit individual patients or certain patient groups. It often requires the collaboration of a multidisciplinary team. The prognosis of PNES is determined by the underlying psychosocial problem or disorder. In view of the complex etiology of PNES, successful long-term treatment is difficult.

Driving ability in patients with psychogenic nonepileptic seizures

“…Es handelt sich um "Zustände mit Störung der normalerweise integrierten Funktion von Bewusstsein, Erinnerung und Kontrolle über Bewegungsabläufe" [20], was häufig auch mit dem Begriff "dissoziativ" bezeichnet wird. PNAE werden in der amerikanischen psychiatrischen Klassifikation DSM IV [24] entweder als Konversion oder als Somatisierung klassifiziert und den somatoformen Störungen zugeordnet, in der ICD-10-Klassifikation -in Abgrenzung zu den somatoformen Störungen -den dissoziativen Störungen [12,25].…”

“…ätiologisch relevante Merkmale (z. B. Geschlecht), Komorbidität und soziale Faktoren, von denen die wesentlichen in Tabelle 1 aufgeführt sind [20].…”

“…Die verschiedenen ätiologischen Faktoren lassen sich nach ihrer pathogenetischen Bedeutung im Krankheitsverlauf unterteilen und zwar danach, ob es sich um prädisponierende, also zu erhöhter Vulnerabilität beitragende, um präzipitierende (Anfälle auslösende) oder um perpetuierende (einen chronischen Verlauf begünstigende) Faktoren handelt [20]. Dabei ergibt sich nicht ganz unerwartet, dass ein einzelner Faktor, z.…”

“…Er wurde mit der Empfehlung einer zunächst stationären und daran anschließenden ambulanten Psychotherapie entlassen. Systematisiert man diese Informationen in Anlehnung an die pathogenetische Einteilung von Reuber [20] (Tab. 3), so ergibt sich als prädisponierender Faktor die Angststörung.…”

Psychogenic nonepileptic seizures: diagnosis, aetiology, treatment and prognosis

“…Like people suffering from other functional somatic symptoms, patients with psychogenic nonepileptic seizures are perhaps best described by a multidimensional approach [87]. Such an approach can accommodate the current evidence on the aetiology of psychogenic nonepileptic seizures by incorporating biographical factors (like childhood trauma, abuse, life events), relevant biological features (like sex, presence of learning disability), psychological features (like poor coping styles, maladaptive personality, the tendency to express psychological distress in a somatic fashion or to dissociate), "psychiatric" or "neurological" co-morbidity (like depression, anxiety or epilepsy) and social factors (like a disturbed family environment, financial insecurity) [88,89].…”