Zusammenfassung
Hintergrund
Sexuell übertragbare Infektionen (STI) sind in bis zu 90 % asymptomatisch, werden bei Frauen später erkannt und können zu schweren Komplikationen führen. Im deutschen Gesundheitssystem gibt es für Beratungsanlässe zu sexueller Gesundheit keine klar zuständigen Ansprechpartner:innen. So werden Patient:innen auch an Hausärzt:innen (HÄ) verwiesen, die sich bei diesem Thema jedoch häufig unsicher fühlen.
Ziel der Arbeit
In diesem Artikel werden konkrete hausärztliche Herangehensweisen in der STI-Versorgung bei Frauen beschrieben und diskutiert.
Methoden
Die Daten wurden mit teilstandardisierten Leitfadeninterviews mit Fallbeispielen zwischen Oktober 2020 und September 2021 erhoben und mit qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet. Auf Grundlage eines theoretischen Sampling-Ansatzes wurden 13 HÄ ohne infektiologischen Schwerpunkt und 6 HÄ in infektiologischen Schwerpunktpraxen (HÄiS) eingeschlossen.
Ergebnisse
Hausärzt:innen beschreiben, die Versorgung von Ratsuchenden finde eher in der Gynäkologie statt. Die Sexualanamnese würde selten erhoben und der Fokus liege eher bei Diagnostik und Behandlung von Harnwegsinfekten. Einzelne HÄ bieten dagegen Urin-PCR-Tests oder vaginale Selbstabstriche und Therapie für alle STI außer HIV an. Bestehende Abrechnungsmöglichkeiten und Angebote des Gesundheitsamts werden selten genutzt, asymptomatische Patient:innen müssen die Kosten für STI-Tests häufig selbst übernehmen.
Diskussion
Obwohl sich viele Patient:innen eine hausärztliche STI-Versorgung wünschen, wird dies in Deutschland derzeit unzureichend abgedeckt. Sexualanamnese und diagnostische Möglichkeiten sollten zukünftig in der Aus- und Fortbildung von HÄ eine größere Rolle spielen. Eine Screeningstrategie, klare Zuständigkeiten und Überweisungspfade könnten Patient:innen und HÄ deutlich entlasten.