Professor Karl Schlögl zum 80. Geburtstag gewidmet Die Entdeckung der "B 12 -Riboschalter" zeigte einen neuartigen Mechanismus genetischer Kontrolle auf und betonte die biologische Relevanz der direkten Wechselwirkung zwischen RNA und B 12 -Coenzymen.[1, 2] B 12 -Riboschalter sind natürli-che Boten-RNAs (mRNAs), die Coenzym B 12 (1) binden und dann einen Konformationsübergang (switch) durchlaufen; dadurch wird die Bildung von Proteinen inhibiert, die in der B 12 -Biosynthese oder im B 12 -Transport relevant sind. [1,3] Künstliche RNA-Sequenzen, die kleine Moleküle, so auch Vitamin B 12 , [4] fest binden, wurden schon mithilfe chemischer In-vitro-Evolutionsexperimente hergestellt.[4a, 5] Diese Studien lieferten Informationen über die faszinierende funktionelle Vielfalt von RNA. [6] Das komplementäre Phänomen -Strukturänderungen im gebundenen B 12 -Cofaktor, die durch eine RNA-Umgebung hervorgerufen werden -hat mit der Entdeckung der B 12 -Riboschalter stark an Bedeutung gewonnen. Schon die "kompletten" B 12 -Derivate können für sich allein genommen als molekulare Schalter [7] betrachtet werden, in denen die Nucleotidbase entweder koordiniert (Base-on) oder frei vorliegt (Base-off; Abbildung 1). [8,9] Coenzym B 12 (1) [10] und Methylcobalamin (2) enthalten 5,6-Dimethylbenzimidazol (DMB) in der Nucleotid-Funktion, auf der die variable Struktur der natürlichen "kompletten" Cobamide beruht. [8,9] Die Nucleotid-Einheit in B 12 könnte als Überbleibsel einer Wechselwirkung von Corrinoiden mit einer Nucleotid-Umgebung gedeutet werden.Um die chemischen Konsequenzen der Wechselwirkung von B 12 -Derivaten mit einer Nucleotid-Umgebung in kovalent verknüpften Modellverbindungen zu erforschen, synthetisierten wir ausgehend von Vitamin B 12 (3) Konjugate der B 12 -Cofaktoren 1 und 2 mit (Desoxy)Nucleotiden. Wir beschreiben hier zwei organometallische B 12 -Nucleotide, Na-4 (ein RNA-Konjugat von 1) und Na-5 (ein DNA-Konjugat von 2, siehe Abbildung 2), als B 12 -retro-Riboschalter, in denen die kovalente Anbindung des (Desoxy)Nucleotids bei der Bildung der Base-off-Form behilflich sein soll (siehe Abbildung 1).