In einer Aitiologie wird normalerweise ein Sachverhalt mit einer Erklärung verbunden. Die Relation von Sachverhalt und Erklärung ist einfach und klar, selbstverständlich und unproblematisch. Werden hingegen für einen Sachverhalt mehrere Erklärungen angegeben, ist die Relation der einzelnen Erklärungen zum Sachverhalt nicht mehr eindeutig und ohne weiteres verständlich. Grundsätzlich scheint eine Mehrfacherklärung die Frage nach der eigentlichen, richtigen einen Erklärung aufzuwerfen. Ovid hat in seinen beiden aitiologischen Gedichten, den 'Fasten' und den 'Metamorphosen', Mehrfacherklärungen eingesetzt. Bei aller Irritation und Problematik, die diesem Phänomen anhaftet, stellt sich die Frage, weshalb und in welchem Sinne Ovid sich der 'Mehrfacherklärung' bedient, welche Funktion und welchen Wahrheitsanspruch seine Mehrfacherklärungen haben.