Theorie des Geschichtsunterrichts

Abstract

Die vorliegende Monografie legt erstmals eine in sich geschlossene Theorie des Geschichtsunterrichts vor und schließt so eine Forschungslücke. Geschichtsunterricht wird hier als soziales System modelliert und damit in seiner Eigenlogik als soziales Geschehen ernstgenommen, das über kommunikative Prozesse die Entwicklung des Geschichtsbewusstseins der Schüler*innen erreichen möchte. In diesem komplexen Zusammenhang kommt den Dimensionen des historischen Denkens, den Emotionen, der Kommunikation, den Medien und der Sprache eine besondere Bedeutung zu. Der Band integriert unterrichts- und geschichtsspezifische Theoreme zu einer systemtheoretisch inspirierten Theorie des Geschichtsunterrichts. Damit ist ein Grundstein für die empirische Geschichtsunterrichtsforschung gelegt, die bei der Entwicklung von Fragestellungen und der Interpretation ihrer Befunde auf eine solche fachspezifische Unterrichtstheorie angewiesen ist.

Dialogische Klassengesprächsführung im Geschichtsunterricht

“…Gautschi, 2009) . Das gesellschaftliche Umfeld der Lernenden ist geprägt von kollektiver Erinnerungskultur, wie Mythen der Nationalgeschichte oder identitätsstiftenden nationalen Geschichtsbildern (zuletzt Bracke et al ., 2018;Nitsche, 2021) sowie gesellschaftlicher Geschichtskultur im öffentlichen Raum, z . B .…”

“…Der Alltag eines Individuums ist geprägt durch Prozesse der Informationsverarbeitung unter Einbezug von sinngebenden Deutungsmustern und unterschiedlichen Zeithorizonten, damit sich Menschen innerhalb einer Gesellschaft orientieren können (Barricelli, 2015;Körber et al ., 2007;Ritzer, 2015) . Dieser kognitive Prozess der Sinnbildung wird als histo-risches Denken bezeichnet (Bracke et al ., 2018;Rüsen, 1996;Trautwein et al ., 2017) . Gegenwärtige Orientierungsbedürfnisse ausgelöst durch die alltäglichen Bewältigungsanforderungen der Sinnbildung sind bedingungslos gekoppelt an die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zu deren Klärung .…”

“…Jeismann, 2000;Rüsen, 2008Rüsen, , 2013Trautwein et al ., 2017;von Borries & Meyer-Hamme, 2005) . Historisches Denken bestehend aus Operationen zur Sinnbildung ist ein ständiger Prozess, ein Zusammenspiel von einer historischen Frage als Ausgangspunkt, von (Sachverhalts-)Analysen als Resultat der Erschließung von Quellen und Darstellungen, von Sachurteilen als Verknüpfung der Analyse mit einer Fragestellung aus der Gegenwart zur Sinnbildung über die Vergangenheit und von Werturteilen als Bewertung der Sinnbildung für die eigene Zukunft (Bracke et al ., 2018;Gautschi, 2009;Hasberg & Körber, 2003;Jeismann, 2000) . Diese vier Teiloperationen lassen sich gemäß Jeismann (2000) nur theoretisch voneinander trennen .…”

“…a . Bracke et al ., 2018;Gautschi, 2009;Lee & Chapman, 2015;Trautwein et al ., 2017;van Drie & van Boxtel, 2008;Wineburg, 2018) . Darin liegt ein zweites Ziel des Geschichtsunterrichts .…”

“…Der Hauptunterschied liegt dabei darin, dass Gautschi keine inhaltsbezogene Kompetenzdimension modelliert . Dadurch liefert dieses Kompetenzmodell nur bedingte Antworten auf die Rolle und Bedeutung von unterschiedlichen Wissensarten als Teil des Kompetenzerwerbs (Bracke et al ., 2018;Ziegler, 2012;Zülsdorf-Kersting, 2019) . Gemäß Reusser (2014b) lässt sich Kompetenz nicht ohne entsprechende Wissensdimension modellieren, welche es entlang einer Taxonomie kognitiver Anforderungen zu nivellieren gilt .…”