Die hereditären Netzhautdystrophien (IRD; inherited retinal diseases) sind eine heterogene Gruppe von Krankheiten – unter anderem Retinitis pigmentosa (RP), Lebersche kongenitale Amaurose (LCA) und Netzhautdystrophie mit frühem Krankheitsbeginn (EO[S]RD; early-onset [severe] retinal dystrophy) –, die sich hinsichtlich der Schwere der Krankheit und des Alters bei Krankheitsbeginn unterscheiden. IRD können durch Mutationen in >250 verschiedenen Genen hervorgerufen werden. Varianten des <i>RPE65</i>-Gens sind die Ursache für 0,6–6% aller Fälle von RP und für 3–16% der Fälle von LCA/EORD. Voretigen Neparvovec ist eine Gentherapie, die zur Behandlung von Patienten mit autosomal-rezessiver Retinadystrophie infolge biallelischer <i>RPE65</i>-Varianten (<i>RPE65</i>-IRD) zugelassen ist. Die korrekte molekulare Diagnostik ist daher bei <i>RPE65</i>-IRD von entscheidender Bedeutung, um therapeutisch nutzbare, d. h. potenziell von der Therapie profitierende Genotypen zu identifizieren, und sie ist eine tragende Säule des Patientenmanagements. Es sind bereits Hunderte von <i>RPE65</i>-Varianten bekannt, und während ein Teil als pathogen oder wahrscheinlich pathogen identifiziert werden konnte, ist die Signifikanz anderer Varianten noch unklar. In dieser Übersichtsarbeit beschreiben wir das erforderliche gendiagnostische Vorgehen, um diejenigen Patienten auszuwählen, die die Voraussetzungen für die Behandlung mit Voretigen Neparvovec erfüllen. Die sorgfältige klinische Charakterisierung der Patienten durch interdisziplinäre Expertenteams in Kombination mit der Verfügbarkeit von Next-Generation-Sequenzierung kann den Zugang der Patienten zu verfügbaren Therapieoptionen beschleunigen.