Durch Symproportionierung von elementarem Selen und Selentetrabromid in polaren protischen Lösungsmitteln wurde eine neue Klasse tri‐, tetra‐ und pentanuklearer Bromoselenate(II) dargestellt. In 2‐Methylpropionitril als Lösungsmittel wurde das strukturell neuartige Ion [Se3Br8]2− stabilisiert und als schwarzes solvatisiertes Kupfersalz isoliert. Kristalle von [Cu(i‐PropCN)4]2[Se3Br8] sind monoklin (C2/c, a = 20,753(6), b = 13,344(4), c = 19,149(6) Å, β = 90,09(3)° bei 140K, Z = 4) und enthalten trigonale sternförmige Ionen [Se3Br8]2−, die aus drei kantenverknüpften quadratisch‐planaren SeBr4‐Einheiten bestehen. Die mittleren endständigen und μ3‐verbrückenden SeBr‐Bindungslängen betragen 2,408 Å und 2,911 Å. [EtPh3P]2[Se4Br14] wurde aus Lösungen in Dichlormethan in Form dunkelroter Kristalle erhalten. Wie die Röntgenstrukturanalyse zeigt (Raumgruppe P21/n, a = 11,400(3), b = 11,815(3), c = 20,720(7) Å, β = 92,50(3)° bei 140K, Z = 2), enthalten sie vierkernige Ionen [Se4Br14]2−, die aus zwei parallel angeordneten, über lineare μBr‐Brücken verknüpften Se2Br6‐Einheiten aufgebaut sind. In diesem bemerkenswerten delokalisierten Elektronensystem muβ für das verbrückende Brom die formale Oxidationszahl + 1 angenommen werden. Die mittlere SeBrterm‐Bindungslängen sind 2,411 Å, die Brückenbindungslängen 2,764 Å in den planaren Se2Br6‐Einheiten sowie 2,594 Å in den linearen SeBrSe‐Brücken. Dunkelrotes [n‐Prop4N]2[Se5Br12] konnte ebenfalls aus Lösungen in CH2Cl2 dargestellt werden. Es kristallisiert tetragonal (Raumgruppe P42/mnm, a = 14,798(3), c = 11,169(2) Å bei 140K, Z = 2). Seine Struktur enthält neuartige molekulare Ionen [Se5Br12]2−, die aus einer zentralen quadratisch‐planaren SeBr4‐Einheit bestehen, die über zwei trans‐Kanten mit jeweils zwei weiteren quadratisch‐planaren SeBr4‐Einheiten verknüpft ist. Das Anion kann als über ein Selenatom verknüpfte Anordnung zweier sternförmiger Se3Br8‐Fragmente beschrieben werden. Die mittleren endständigen und μ3‐verbrückenden SeBr‐Abstände sind 2,343 Å und 2,956 Å. Über schwingungsspektroskopische Untersuchungen der neuen Anionen wird berichtet.