ZusammenfassungRecht und Literatur bzw. Rechts- und Literaturwissenschaft sind über die Rhetorik historisch und systematisch miteinander verbunden. Allerdings hat die Rhetorik in beiden Disziplinen einen unterschiedlichen Stellenwert: Während die Rhetorik in der Literaturwissenschaft ein prominentes Instrumentarium der Textanalyse darstellt, dabei aber oft auf die Figurenlehre reduziert wird, ist ihr Ansehen in der Rechtswissenschaft eher gering, insofern Rhetorik als etwas der juristischen ,Wahrheit‘ Hinzugefügtes begriffen wird. Der Beitrag argumentiert dafür, dass jede Redeäußerung grundsätzlich eine rhetorische Dimension hat und verweist auf die produktive Vielgestaltigkeit der Rhetorik. Insbesondere nimmt er Geltungsbegründungen in Rechts- und Literaturwissenschaft in den Blick, indem er auf der einen Seite zeigt, wie in der Poetik des 18. Jahrhunderts Geltung rhetorisch erzeugt wird, und auf der anderen Seite die rhetorische Verfasstheit von Gerichtsurteilen als Untersuchungsbereich vorstellt. Außerdem wird eine Matrix zur differenzierten Erfassung des Geltungsbegriffs vorgestellt.