Angenommen, es hätte Jeder eine Schachtel, darin wäre etwas, was wir ›Käfer‹ nennen. Niemand kann je in die Schachtel des Andern schaun; und Jeder sagt, er wisse nur vom Anblick seines Käfers, was ein Käfer ist.-Da könnte es ja sein, daß Jeder ein anderes Ding in seiner Schachtel hätte. Ja, man könnte sich vorstellen, daß sich ein solches Ding fortwährend veränderte.-Aber wenn nun das Wort ›Käfer‹ dieser Leute doch einen Gebrauch hätte?-So wäre er nicht der der Bezeichnung eines Dings. Das Ding in der Schachtel gehört überhaupt nicht zum Sprachspiel; auch nicht einmal als ein Etwas: denn die Schachtel könnte auch leer sein.-Nein, durch dieses Ding in der Schachtel kann ›gekürzt werden‹; es hebt sich weg, was immer es ist. 1 Nähe entzieht sich ihre konkrete Bedeutung. Der Philosoph Giuseppe di Giacomo beschreibt »Opazität« als Charakteristikum des Bildes: »[W]hat the image displays is something hidden, that is something opaque, as compared to logic: something which is ›other‹ from the visible image and which, nevertheless, offers itself only through the image and thanks to it.« 3 Bilder verweisen auf ein »Anderes«, das sich stets dem Logos entzieht, »an excess which is never completely sayable and visible.« 4 Auf der Leinwand oder dem Bildschirm sehen wir nicht etwa leibhaftige Personen, Dinge oder Räume vor uns, sondern Filmbilder. Gerade aber weil das Filmbild ›nur‹ eine Repräsentation zeigt, sind die Dinge im Film auf eine andere Weise sichtbar, die uns dabei hilft, die Dinge, die uns im Alltag umgeben, besser zu verstehen. Von besonderem Interesse sind in diesem Zusammenhang Repräsentationen, deren Bedeutung ambivalent bleibt. Schachteln, Kisten und Boxen führen in diesem Sinne opake Räume in den Film ein. Die Schachtel, deren Inhalt verborgen bleibt, fasst die Grundeigenschaft des filmischen Mediums in einem Paradox zusammen: Die Box im Film ist sichtbar, inszeniert aber zugleich einen Raum, der sich der unmittelbaren Einsicht entzieht. Die Box scheidet ein Innen von einem Außen, führt eine eigene Dramaturgie auf, sie ref lektiert narrative Strukturen (insbesondere komplexe Erzählstrukturen), visualisiert implizite Bedeutungsdimensionen, eröffnet Denkräume und inszeniert epistemologische Fragen in der Diegese des Films. Die Box verweist außerdem auf die Grenzen und Relationen zwischen Bild und Ton, dem aktuell Sichtbaren (›cadrage‹) und dem Unsichtbaren, jenseits der Bildeinstellung (›hors-champ‹). Vor diesem Hintergrund wird zu untersuchen sein, wie unauffällige Objekte den Schlüssel zu einer kritischen Perspektive auf das bergen können, was scheinbar selbsterklärend vor unseren Augen liegt. Als Dispositiv steht der Film, der im Motiv der Box ref lektiert wird, zudem in einer Linie mit der Laterna magica, Athanasius Kirchers »katoptrischen« Kisten, 5 Guckkastenbühne, Thaumatrop, Kinetoskop, Cinématographe, Theatrograph und jedem Bildträger, dem durch Bewegung und perspektivische Rahmung eine räumliche Tiefe verliehen wird. 6 Eines der Ziele der Arbeit besteht dementsprechend darin, die Bedeutungsentwicklung ...