ZusammenfassungWie und warum werden Erzählungen in zeitgenössischen politischen Leserbriefen zur Argumentation verwendet? Um Antworten auf diese Frage zu gewinnen, untersuche ich gut 50 Leserbriefe aus Schweizer und deutschen Tageszeitungen, die alle einen Bezug zu COVID-19 haben. In allen Briefen wird argumentiert, indem erzählt wird. Es zeigt sich, dass die Narration in der Regel als Prämisse eines Arguments durch Induktion in einer Argumentation mit evaluativem Standpunkt fungiert. Eine solche Prämisse zu erzählen, hat für die Schreibenden den Vorteil, dass sie mit dem beispielhaften Geschehen sukzessive auch dessen Bewertung vermitteln können. Ein gesellschaftlich-kultureller Mehrwert solch narrativer Argumente durch Induktion lässt sich darin erkennen, dass sie in politischen Diskussionen auf unkomplizierte Weise die soziale Mikroebene mit der gesellschaftlichen Makroebene verbinden können.