Representative, direct democratic and participatory democracy: Mayors’ attitudes towards municipal political participation in Baden-Wurttemberg

Geschlecht, Parteizugehörigkeit und strategische Überlegungen

“…Unterschiede in den Einstellungen und Verhaltensweisen von lateinamerikanischen Abgeordneten stellt so auch Schwindt-Bayer (2006) Ratsmitglieder und Bürgermeister versuchen ihren Nutzen zu maximieren, in dem sie auf Basis strategischer Erwägungen entsprechend Koalitionen auf Gemeindeebene eingehen (Gross 2017). Dieser Effekt besteht auch bei der Präferenzsetzung politischer Eliten zu lokalen Beteiligungsmöglichkeiten (Kersting und Schneider 2016;Ruf et al 2019;Wagschal et al 2019). Auch Ratsmitglieder in Baden-Württemberg können sich auf lokaler Ebene formal in drei Rollen befinden, aus denen sie strategische Erwägungen ableiten: Der Ratsminderheit, der Ratsmehrheit oder sind fraktionslos.…”

“…Vielmehr geht es um die Frage, ob Frauen im Verhältnis zu ihren männlichen Ratskollegen beim Thema Beteiligungsverfahren aus ihrer Zugehörigkeit zur Mehrheitsfraktion, zu der sie sich in der Befragung selbst zugeordnet haben, andere Schlüsse ziehen als ihre männlichen Kollegen. Denn auch wenn der Effekt der Mehrheitsfraktion vor allem in Hessen oder Nordrhein-Westfalen zum Vorschein tritt, konnten gerade auch für die kommunale Ebene in Baden-Württemberg bereits zuvor Effekte bei der Frage der Zugehörigkeit zur Mehrheit im Rat in Untersuchungen für alle Genmeindegrößeklassen festgestellt werden, die sich im Besonderen auch auf den hier vorliegenden Frageschwerpunkt lokaler Beteiligungsverfahren beziehen (Wagschal et al 2019;Ruf et al 2019). Es lassen sich also auch hier Effekte erwarten.…”

“…Über die letzten Jahre hat sich immer stärker verfestigt, dass die Einstellungen und Verhaltensweisen von lokalen politischen Eliten vor allem über deren individuelle Parteizugehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer freien Wählergemeinschaft oder soziostrukturellen Faktoren auf der Individualebene variieren. Neuere Studien heben aber zunehmend die Bedeutung strategischer Erwägungen hervor, die aus dem interfraktionellen Rollenverständnis der Räte resultieren (Debus Gross 2016;Kersting Schneider 2016;Gross 2017) und hier zuletzt auch für den Bereich lokaler Beteiligungsverfahren im eher stark konsensdemokratischen Baden-Württemberg als signifikant getestet wurden (Ruf et al 2019;Wagschal et al 2019).…”

“…Ihnen also in der alltäglichen kommunalpolitischen Arbeit eine weniger starke Rolle zukommt. Studien wie von Wagschal et al (2019) und Ruf et al (2019) zeigen aber, dass der Einfluss der Parteiendifferenz auch in Baden-Württemberg -gerade bei der Einstellung von Ratsmitgliedern und Bürgermeister*innen zu unterschiedlichen Formen der Bürgerbeteiligung -nicht unterschätzt werden darf. Dies konnten sie auch unabhängig von der Gemeindegröße feststellen, gilt somit nicht nur für große Kommunen.…”

“…Ein weiterer zentraler Faktor der kommunalpolitischen Parteipolitisierung unterstreicht die Bedeutung der Parteien: So verlaufen mit steigender Einwohnerzahl die Parteiensysteme immer stärker entlang der bekannten parteiideologischen Linien (Mielke und Eith 1994;Nyhuis 2016Nyhuis , 2017Gross und Jankowski 2018). Allerdings konnte Uwe Wagschal et al (2019) und Florian Ruf et al (2019, S. 288) feststellen, dass die sonst für die kommunale Ebene so prägende Gemeindegröße (Tausendpfund und Vetter 2017, S. 4) zumindest für die Einstellung von Ratsmitgliedern und Bürgermeister*innen in Baden-Württemberg zu verschiedenen Formen lokaler Beteiligungsmöglichkeiten keinen signifikanten und wenn, nur einen sehr kleinen Einfluss hat. Ein durchaus ungewöhnlicher Befund für die kommunale Ebene, auch weil Kersting und Schneider (2016, S. 320, 332) in ihrer Studie einen stärkeren Effekt feststellen konnten, allerdings nur für 587 Befragte aus 27 verschiedenen Kommunen und für einen Teil der deutschen Bundesländer.…”