Psychokardiologischer Praxisleitfaden für die ICD-Implantation und Langzeitbetreuung

Abstract

In the literature there are only very few reports on systematic education or information for patients after implantation. Research in this field has only just begun so that there are no sufficiently evaluated models which could serve as the foundations for recommendations. Approximately 80% of affected patients, relatives and partners show a good cognitive acceptance and are capable of coping with the situation. However, in the first 12 months following ICD implantation some 20% of patients are in a state of anxiety and depression. These patients must be recognized and if necessary treated and given support. For this reason it is important in the consultation and routine appointments to give patients the chance to express their views on this if necessary. Only then can cardiologists recognize whether a patient is under substantial mental stress. It is recommended that immediately after the implantation and before being discharged from hospital, a screening procedure for anxiety and depression should be carried out using, e.g. the Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS) and to distribute a questionnaire on desired information and unanswered questions. This would not only give a lead in for a targeted consultation during the follow-up appointment in the first year but also allow the opportunity to offer such patients an education course in order to specifically approach the problem being experienced. Patients who have experienced more than 5 shocks in 12 months or more than 3 shocks in 1 episode should attend a psychocardiological consultation in order to check whether there are post-traumatic disorders. It is imperative that these be treated because they do not in general resolve spontaneously.

Psychische Komorbiditäten bei Patienten mit ICD

“…Besonders nach einem überlebten Herztod befinden sie und ihre Angehörigen sich plötzlich und unmittelbar in einem komplexen Entscheidungsprozess, bei dem zwischen der Verhinderung des Herztods einerseits und dem unerwarteten Auftreten von Elektroschocks oder möglichen Komplikationen mit dem Aggregat andererseits abgewogen werden muss. [8]. Das Bedrohungsszenario kann dann als Einschränkung der Wahl-und Willensfreiheit empfunden werden, woraus Ohnmachts-und Abhängigkeitsgefühle entstehen können.…”

“…Den Betroffenen kann die Auseinandersetzung mit der Thematik sinnlos erscheinen, sie resignieren und ergeben sich in ihr Schicksal, was die Akzeptanz des Implantats nachhaltig stören kann. Der Bewältigungsprozess beginnt dann möglicherweise erst Wochen oder Monate später, wird aber bei der ärztlichen Betreuung der ICD-Träger nur unzureichend berücksichtigt, da die somatisch-technischen Aspekte meist im Vordergrund stehen [8,9].…”

“…Bei den weitaus meisten Patienten handelt es sich hier durchaus um angemessene reaktive Gefühlszustände. Bei wenigen Betroffenen kann aus dieser Situation eine posttraumatische Belastungsstörung entstehen, die in der Folge mit einem ungünstigen Krankheitsverlauf und einer erhöhten Mortalität assoziiert ist [8,10,11]. In den Folgemonaten kommt es bei der Mehrheit zu einer erfolgreichen Krankheitsbewältigung und Anpassung, weil der Defibrillator als effektiver Schutz vor der Bedrohlichkeit der Herzerkrankung empfunden wird.…”

“…Kritische Ereignisse in diesem Zusammenhang sind sogenannte "electrical storms", gekennzeichnet durch mehrere ICD-Entladungen innerhalb von 24 Stunden. Sie treten bei 10-20 % der ICD-Träger auf und sind mit einer erhöhten Mortalität [16] und der Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung assoziiert [8,11,17]. Trotz der Entwicklungsfortschritte der ICD-Technologie erleben 8-10 % der Träger inadäquate Therapien.…”