Psychische Belastung während der COVID-19-Pandemie: Konsequenzen für psychiatrisch Erkrankte und therapeutische Implikationen

Abstract

Zusammenfassung Hintergrund Der Ausbruch der COVID-19-Erkrankung und die rasche Ausbreitung des sie verursachenden Coronavirus SARS-CoV‑2 bedroht weltweit nicht nur die physische, sondern auch die psychische Gesundheit der Bevölkerung. Seine Auswirkungen auf Neuerkrankungen und die Entwicklung bestehender Erkrankungen im ambulanten psychiatrischen Bereich in Deutschland ist noch nicht untersucht. Methoden Die Dokumentation in den Akten von 682 behandelten psychisch erkrankten Personen wurde retrospektiv bezüglich ihrer subjektiv erlebten Belastung durch die Pandemie und der klinischen Relevanz hin untersucht. Ergebnisse Bei 60,5 % (n = 378) bestand eine psychische Belastung durch diese Pandemie. 14,5 % (n = 99) der Betroffenen litten unter Angst vor dem Virus SARS-CoV‑2 und einer möglichen Infektion, 25,5 % (n = 174) unter den getroffenen Schutzmaßnahmen (Lockdown) und 4,3 % (n = 29) unter beidem; hierbei bestanden signifikante diagnoseabhängige Unterschiede. Angsterkrankte waren signifikant stärker belastet und hatten mehr Angst vor der Erkrankung, Psychoseerkrankte waren signifikant weniger belastet. Bei 43,7 % aller dieser Belasteten (n = 132) wurde eine akute therapeutische Intervention erforderlich, 6,0 % (n = 18) mussten stationär eingewiesen werden. Diskussion Psychisch Vorerkrankte gehören zu den durch die Belastungen der COVID-19-Pandemie besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen. Langfristigere Untersuchungen zum Verlauf der psychischen Belastungen unter Pandemiemaßnahmen sowie Studien zur Förderung von Resilienz in dieser Bevölkerungsgruppe und die Implementierung solcher Maßnahmen sind erforderlich.

Managing the COVID-19 pandemic in people with mental disorders: An exploratory telephone interview study in a psychiatric outpatient department

“…The present study shows that medical care and its limitations are decisively linked to the health status of the people with mental disorders. This illustrates the importance of providing secure medical care and is in line with the conclusions of Winkler et al [ 46 ], who emphasize the importance of therapeutic offers (as far as hygiene regulations and contact restrictions allow) and active contact with people with mental disorders during pandemic restrictions.…”

The Differential Impact of Lockdown Measures Upon Migrant and Female Psychiatric Patients – A Cross-Sectional Survey in a Psychiatric Hospital in Berlin, Germany

“…Another study found a generally low level of knowledge of COVID-19, lower compliance with health regulations and a lower level of anxiety regarding COVID-19 in comparison to the general population (4). Attempts to test the differential impact of the pandemic suggest that people with affective disorders are far more affected by the restrictions imposed by COVID-19, whereas people with psychotic disorders are less affected (5,6) Specific population groups may be especially vulnerable to stress resulting from the COVID-19 crisis. Psychiatric patients have more precarious employment (7); smaller social networks (8); lower health literacy (9); greater physical vulnerability via higher rates of obesity (10), and smoking (11,12).…”

Neuropsychiatrische Aspekte von COVID-19 – Eine narrative Übersicht

“…Allgemein Dass Menschen mit einer Vorgeschichte von psychischen Problemen im Kontext der Corona-Pandemie eine besonders vulnerable Gruppe darstellen, ist vielfach betont worden [39,117]. Im Klientel einer deutschen Institutsambulanz fand man bei 60 % der dort behandelten Patienten Belastungen durch die COVID-19 Krise, wobei die Angst vor einer Infektion weniger häufig war als die Belastung durch die Schutzmaßnahmen [118]. Es geht aber nicht nur um eine potentielle Verschlechterung der Symptomatik und/oder der Behandlung der psychischen Erkrankungen, es ist auch das Risiko für das Auftreten einer Infektion erhöht, ebenso findet man häufiger schwerere Verläufe und eine erhöhte Mortalität.…”