ZusammenfassungIn den letzten Jahren wurde durch mehrere bevölkerungsbezogene epidemiologische Studien sowie Fall-Kontroll-Studien eine Reihe von Komorbiditäten zwischen der Migräne und anderen Erkrankungen wahrscheinlich gemacht. Am häufigsten konnten diese für psychiatrische Erkrankungen wie Depression, Angsterkrankungen und soziale Phobien bestätigt werden, sichere Zusammenhänge finden sich aber auch für Migräne und Schlaganfall, verschiedene Schwindelformen und das Fibromyalgie-Syndrom. Parallel dazu konnten einige wesentliche pathophysiologische Mechanismen der Migräne aufgedeckt werden. Einerseits wird eine passagere Störung innerhalb des zentralen antinozizeptiven Systems mit nachfolgender Disinhibition des kaudalen Nucleus trigeminus und Aktivierung trigeminaler Efferenzen, die wiederum zu einer trigemino-vaskulären Entzündung führt, als eine Ursache der Migräne angenommen. Eine anderer Ansatz geht von einer primären Reizverarbeitungsstörung und nachfolgender kortikaler Funktionsstörung mit »spreading depression« als Ursache aus. Diese führt zu einer Aktivierung von nozizeptiven trigeminalen Afferenzen und, über Axonreflexe hervorgerufen, auch sekundär zu einer Aktivierung duraler trigeminaler Efferenzen. Über 5-HT-Rezeptorenaktivierung triggern diese dann eine aseptische Entzündung im Bereich pialer Gefäße. Der wesentliche Unterschied beider Theorien liegt also darin, dass es im ersten Fall zu einer primären Aktivierung der trigeminalen Efferenzen und im zweiten Fall zu einer primären Aktivierung der trigeminalen Afferenzen kommt.