Zusammenfassung
Hintergrund Die Leichenschau als der letzte Dienst des Arztes am
Patienten ist in den letzten Jahren zunehmend in die Kritik geraten. Das Ziel
dieser Arbeit ist es anhand der Daten aus Chemnitz zu untersuchen, welchen
Einfluss der Sterbeort, der leichenschauende Arzt, das Alter und Geschlecht der
Verstorbenen auf die Kodierungsvollständigkeit und
Kodierungsqualität der Todesursachen in den Todesbescheinigungen
hat.
Methoden Es wurden insgesamt 15 612 Todesbescheinigungen und 353
Obduktionsscheine des Gesundheitsamts Chemnitz aus den Sterbebuchjahren
2010–2013 ausgewertet. Es wurden die Merkmale Alter, Geschlecht,
Todesursache nach Erstleichenschau sowie nach evtl. erfolgter Obduktion,
Todesart und eventuelle Komplikationen im Rahmen der zweiten Leichenschau
erfasst. Zusätzlich wurde die Sterbeort- und Leichenschauarzt-Kategorie
erhoben. Außerdem wurden mangelhaft oder falsch kodierte
Todesbescheinigungen berichtigt und eine Übereinstimmungsanalyse
durchgeführt. Die Auswertung erfolgte hierbei gemäß den
formalen Kriterien des Deutschen Instituts für Medizinische
Dokumentation und Information für das grundsätzliche
Ausfüllen von Todesbescheinigungen.
Ergebnisse Die Obduktionsrate betrug 2,3%. Das Grundleiden wurde
in 34,1% nicht dokumentiert. Die Übereinstimmung zwischen
qualitätsgesicherter Nachkodierung und der primären 3-stelligen
ICD-10 Kodierung war hoch (96,5%). Hohes Alter und Sterben
außerhalb des Krankenhauses sowie die Durchführung der
Leichenschau durch einen Arzt, der nicht im Krankenhaus die Leichenschau
durchführt, waren mit einer höheren Wahrscheinlichkeit einer
ICD-10 Fehlkodierung assoziiert. Die beobachtete Übereinstimmung des
3-stelligen ICD-10 kodierten Grundleidens des Leichenschauscheins und
Obduktionsscheins betrug 26,3%. In 24,2% enthielt das
Grundleiden sogenannte Garbage Codes, die für eine
Todesursachenstatistik ungeeignet sind.
Schlussfolgerungen Ärzte müssen dafür
sensibilisiert werden, Leichenschauscheine ordnungsgemäß
auszufüllen. Die Obduktion führt sehr häufig zu einer
Änderung des Grundleidens, weswegen die Obduktion eine wichtige
Qualitätskontrolle der Todesursachenfeststellung bleibt. Das ICD-10
Kodieren ist keine primär ärztliche Tätigkeit und sollte
nicht gesetzlich von Ärzten eingefordert werden.