Zur Zwiespältigkeit menschlicher Erfahrungnach unserem selbstverständnis fühlen wir uns als Personen in gewissen Grenzen frei: als urheber unseres tuns und lassens, die -zwischen mehreren Möglichkeiten wäh-lend -einer offenen zukunft entgegen gehen und dafür auch verantwortlich sind. Andererseits erleben sich Menschen auch als radikal abhängig und unfrei. Psychotrope substanzen etwa können durch ihren einfluß auf die kognitiven, voluntativen und emotionalen systeme die Willensbildung und das Verhalten maßgeblich beeinflussen 1 . Wie die substanzbedingten einschränkungen des Willens, die sucht als Krankheit des freiheitsverlustes, können sich auch von anderen Menschen ausgehende einflüsse beeinträchtigend auswirken: zwang, Drohung, täuschung, suggestion. Gelegentlich empfinden wir auch unsere eigene physische oder psychische Konstitution als fessel.Der Wille stößt auf vielerlei Grenzen, die freilich kein Hindernis für die freiheit aufstellen, sondern deren Voraussetzung sind. Peter Bieri hat dies eindrucksvoll gezeigt: "Die Welt mit ihren Angeboten legt fest, was ich zu einem gegebenen zeitpunkt wollen kann. Der Rest liegt bei mir" 2 . "unbedingte freiheit: eine fata Morgana; der losgelöste Wille: ein Alptraum". ein unbedingt freier Wille wäre ein solcher, der von nichts abhinge, ohne zusammenhang mit allem dem, was einen Menschen zu einer Person macht, unabhängig von Körper, Charakter, Gedanken, empfindungen, Phantasien und erinnerungen -eine abstruse Vorstellung. Wem jede Begabung zum schreiben abgeht, der ist, wenn nichts gelingt, kein unfreier schriftsteller, wohl aber der Begabte, dem lärmende nachbarn geistige Arbeit verwehren.Der reduktive Physikalismus will die Rede von moralischer Verantwortung und freiem Willen als Illusion entlarven, als Vorspiegelung des Gehirns. Aber kann eine neurophysiologische theorie des Gehirns die Reduktion mentaler Überzeugungen, praktischer Intentionen und emotionaler erlebnisse auf physikalische Basisentitäten überhaupt leisten? liegt darin nicht vielmehr eine zwiespältigkeit? "eine wissenschaftliche theorie, die mentale Phänomene aus neuronalen Gegebenheiten erklären möch-te, ist selbst ein mentales Phänomen, denn der Vorgang des wissenschaftlichen erklärens spielt sich im Bewußtsein ab. Insofern beruht eine reduktive theorie des Bewußtseins, die dessen eigenständigkeit durch die Rückführung auf basale Vorgänge oder ereignisse auflösen möchte, auf einer petitio principii" 3 . Das Bewusstsein bildet den Ausgangspunkt, nicht das ergebnis des erklärens. es handelt sich um einen selbstwiderspruch, weil die theorie ihre erforderlichen Anfangskonditionen nicht mit reflektiert, sondern nachträglich wieder auf hebt.zwiespältig erscheint auch die geistige Welt, in die das Problem der Willensfreiheit hineinführt: in die zwei Kulturen 4 der naturwissenschaften und Medizin einerseits, die theologie, Philosophie und Jurisprudenz andererseits. Prof. Dr. iur. Dr. h. c. Adolf laufs, Kohlackerweg 12, 69151 neckargemünd (Waldhilsbach), Deutschland Die ergebnisse der Hirnforschung -eine neuerl...