Wie hängt Rassismus mit Emotionen und Affekten zusammen, und welche Potenziale birgt eine rassismuskritische, affekttheoretische Analyse für die deutschsprachige Forschung? Bislang haben affekttheoretische Impulse -zwar zunehmend, aber dennoch nur -marginal Eingang in die Analyse von Rassismus in Deutschland gefunden, obgleich der Affective Turn für eine rassismuskritische Gesellschaftsanalyse unerlässlich ist: Affekte spielen historisch und gegenwärtig in der Institutionalisierung von Nationalstaatlichkeit, in der Herausbildung von imaginären Gemeinschaften und innerhalb von Rassifizierungsprozessen eine zentrale Rolle und werden u.a. durch Moralpaniken, die im Zusammenhang von Migrationspolitiken und Grenzregimen in Form von Wut, Hass und rassifizierter Angst im öffentlichen und digitalisierten Raum zum Ausdruck kommen, kontinuierlich aktualisiert.Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Bedeutung affekttheoretischer Ansätze in der Rassismus-und Migrationsforschung, den Postcolonial und Black Studies. Entlang zentraler Publikationen resümiere ich den bisherigen Forschungsstand sowie die zentralen Begriffe und Kontroversen. Aufgezeigt wird insbesondere, wie das Affektive in der Herausbildung von Instituierungs-, Subjektbildungs-und Unterwerfungsprozessen des strukturellen modernen Rassismus sowohl konstituierend und stabilisierend als auch transformierend und destabilisierend wirken kann. Der Artikel umfasst drei Abschnitte: Der einleitende Teil führt in den Affective Turn der Geistes-und Gesellschaftswissenschaften ein und präsentiert die für das Verständnis affekttheoretischer Rassismusforschung unerlässlichen Grundbegriffe. Der zweite Teil erläutert die Bedeutung von Affekttheorien bei der Analyse von Migrations-und Kolonialregimen. Der dritte Teil fasst die Konzepte der racial melancholia, der Depression und der affektiven Politik in rassismuskritischen Affekttheorien, postkolonialen Philosophien und Black Studies zusammen. Den Abschluss bilden eine Zusammenfassung sowie das Plädoyer, diesen Paradigmenwechsel in der Rassismuskritik weiter auszudifferenzieren und die entsprechenden Theorien auf verschiedene soziohistorische Kontexte anzuwenden, nicht zuletzt auch in der deutschsprachigen Forschungsdiskussion.