Zusammenfassung
Hintergrund Obwohl für Patient*innen mit psychotischen
Störungen (PPS) in jedem Krankheitsstadium eine Indikation für
ambulante Psychotherapie besteht, werden sie selten so behandelt.
Hierfür werden strukturelle Gegebenheiten, Kompetenzerleben von
Behandlern, sowie inhaltliche Aspekte in Aus-/Weiterbildung von
Psychotherapeut*innen analysiert.
Methodik Basierend auf einer qualitativen Vorstudie wurde eine
Online-Befragung an 487 psychologischen Psychotherapeut*innen
durchgeführt.
Ergebnisse Die Hälfte der Befragten gibt eine hohe Bereitschaft
an, PPS zu behandeln. In der akuten Erkrankungsphase sind es nur 20%. Im
Studium sowie im theoretischen Teil der Aus-/Weiterbildung wird auf eine
entsprechende Behandlung kaum vorbereitet. Dagegen wird praktischen Erfahrungen
in psychiatrischen Kliniken ein hoher Stellenwert beigemessen. Hinsichtlich
struktureller Rahmenbedingungen werden geringe Stundenkontingente und unflexible
Abrechnungsmodalitäten kritisiert. Bzgl. Patient*innen werden
neben einer hinreichenden Behandlungsmotivation geringe Zuverlässigkeit,
geringe kognitive Leistungsfähigkeit, geringe Krankheitseinsicht sowie
häufige Therapieabbrüche angegeben. Entgegen manchen Vorurteilen
werden die Patient*innen interaktionell als „friedlich“
charakterisiert. Als erreichbare Outcomes werden vorwiegend die Reduktion von
psychotischen Rückfällen, soziale Integration und Reduktion
komorbider Symptomatik genannt. Die Reduktion psychotischer Symptomatik wird
wenig optimistisch bewertet. Behandler*innen aus psychiatrischen
Institutsambulanzen (PIA) unterscheiden sich von anderen ambulanten
Psychotherapeut*innen durch besseres Kompetenzerleben und entsprechend
häufigere Arbeit mit PPS, auch im akuten Stadium.
Diskussion Obschon sich jeder zweite Therapeut*in nicht gut
ausgebildet fühlt, scheint die Bereitschaft zur Therapie von PPS
höher zu sein als es die reinen Versorgungszahlen vermuten lassen.
Optimierungspotenzial besteht in Aus-/Weiterbildung sowie der Vernetzung
mit anderen Berufsgruppen/Angehörigen. Dies könnte
dafür verantwortlich sein, dass im akuten psychotischen Stadium
Berührungsängste und Kompetenzsorgen bestehen. Behandler aus
PIA, wo strukturell bedingt eine engere Vernetzung mit anderen Berufsgruppen
besteht, erleben entsprechende Defizite geringer. Bzgl. sonstiger struktureller
Barrieren stellt sich die Frage, ob diese störungsspezifische oder doch
eher allgemeine Probleme in der Psychotherapie darstellen.