Minoritätenstress und soziale Unterstützung: Eine Online-Untersuchung zum Wohlbefinden von Trans*Personen in der Schweiz

Abstract

ÜbersichtTrans*Personen sind in unserer Gesellschaft in einem bedeutenden Ausmaß von Stigmatisierung und Ablehnung betroffen. Das Minoritätenstressmodell sagt vorher, dass Nicht-Akzeptanz der Geschlechtsidentität durch andere Menschen sowie internalisierte Transphobie bei Trans*Personen mit vermindertem psychischen Wohlbefinden zusammenhängen. Im Rahmen der vorliegenden Studie wurden 90 Trans*Personen in der Schweiz zu erlebter Nicht-Akzeptanz der Geschlechtsidentität, internalisierter Transphobie, Lebenszufriedenheit und psychischer Belastung befragt. Zusätzlich wurde die soziale Unterstützung als Resilienzfaktor erhoben. Wie erwartet, zeigte sich neben einer hohen Prävalenz an psychischer Belastung eine starke negative Korrelation zwischen Minoritätenstress und Wohlbefinden. Internalisierte Transphobie mediierte zudem den Zusammenhang zwischen der Nicht-Akzeptanz der Geschlechtsidentität und dem Wohlbefinden. Ebenfalls konnten Moderationsanalysen aufzeigen, dass soziale Unterstützung den negativen Zusammenhang zwischen internalisierter Transphobie und Zufriedenheit teilweise abschwächt. Die Ergebnisse stützen das Minoritätenstressmodell. Offene Forschungsfragen speziell zum Minderheitenstress unterschiedlicher Teilgruppen von Trans*Personen werden angesprochen.

Entwicklung und Validierung des Essener Transidentität Lebensqualitäts-Inventars anhand einer Stichprobe von Mann-zu-Frau transidenten Personen

“…In der vorliegenden Arbeit zeigten Personen mit einem unterdurchschnittlichen ETLI-Score eine stark verringerte generische psychische und körperliche LQ, ein geringeres Maß an sozialer Unterstützung sowie an personalen, sozialen und strukturellen Ressourcen und eine deutlich erhöhte psychische Belastung. Diese Ergebnisse stimmen mit aktuellen Studien überein, welche bei der gleichen Personengruppe einen positiven Zusammenhang zwischen LQ und dem Vorhandensein von sozialer Unterstützung (Davey et al 2014;Gómez-Gil et al 2012) sowie einen schützenden Einfluss sozialer Unterstützung gegen den negativen Einfluss von Minderheitenstress auf die Lebenszufriedenheit (Ott et al 2017) zeigen konnten. Zudem finden sich Studien, die den negativen Zusammenhang zwischen LQ und depressiven Symptomen (Gorin-Lazard et al 2012;Simons et al 2013) zeigen konnten.…”

Der Substanzkonsum von trans* Personen aus der Minoritätenstressperspektive

“…Ferner sind trans* Personen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung stärker von psychopathologischen Symptomen und Störungsbildern betroffen. Ott, Regli und Znoj [26] befragten in ihrer Studie 90 trans* Personen aus der Schweiz. 69,7 % der Teilnehmenden zeigten Anzeichen einer Depression und 51,8 % Anzeichen einer Angststörung.…”

“…Studien aus den USA identifizierten ebenfalls hohe Prävalenzen für Depressivität (44,1-51,4 %), Angststörungen (33,2-47,5 %) und Suizidversuche (32-41 %) [1,4,11,27]. Pauschal genommen berichten insbesondere nicht-binäre und junge trans* Personen von einer hohen psychischen Belastung [4,26,28].…”

“…Innerhalb der minoritätsspezifischen Stressoren unterscheidet das Modell 2 Prozesse: Distale (externale) Stressoren sind objektiv belastende und messbare Ereignisse, welche die psychische und körperliche Gesundheit der trans* Person gefährden können [33] Das Minoritätenstressmodell von Meyer gilt heute als bedeutendstes Erklärungsmodell für die psychische Gesundheit von stigmatisierten Minderheiten [34] und wurde in zahlreichen Studien in der homo-und bisexuellen Bevölkerung bestätigt [35][36][37]. Ähnliche Zusammenhänge zwischen Minoritätenstressfaktoren und der psychischen Gesundheit von trans* Personen wurden ebenfalls beobachtet [1,4,26].…”

Substanzgebrauch im Kontext von Trans*: Diagnostik und Implikationen

“…Diese Stressoren können im Sinne eines Vulnerabilitäts-Stress-Modells auch zur Ausbildung psychischer Störungen führen [17]. Aufgrund von Minderheitenstress [15] sind die Risiken für psychische Störungen bei trans* Personen höher als bei cis* Personen, insbesondere dann, wenn ihnen soziale Unterstützung fehlt [18,19]. Psychische Erkrankungen können hier vielfältig sein: Depression, Substanzmissbrauch, Ängste, Persönlichkeitsstörungen.…”