Für Patienten mit schmerzhaften Störungen besteht das Risiko einer Schmerzmittelabhängigkeit vor allem durch zu hohe Dosierung, zu lange Dauer und nicht adäquate Indikationsstellung für eine Analgetikatherapie. Das gilt vor allem für eine Behandlung mit Opioiden. Art und Ausprägung der schmerzhaften Grunderkrankung sowie vorbestehende psychische Störungen, wie Suchterkrankungen, Depressionen oder somatoforme Störungen stellen besondere Risiken dar. N eben der Gefahr des schädlichen Gebrauchs von Mischanalgetika besteht bei Schmerzpatienten das unterschätzte Risiko eines Abusus oder einer Abhängigkeits-entwicklung von ärztlich verordneten Opioiden. Diese Problematik wird im folgenden Artikel aus psychiatrischer und suchtmedizinischer Sicht dargestellt.
De nitionGemäß den ICD-10-Kriterien ist unter der Diagnose "Schädli-cher Gebrauch" ein Konsumverhalten zu verstehen, dass bereits zu einer Gesundheitsschädigung geführt hat (Tab. 1, Punkt 8 des Abhängigkeitssyndroms). Beim "Abhängigkeitssyndrom" handelt es sich um einen Komplex von körperlichen und psychischen Phänomenen, bei denen der Konsum einer Substanz oder einer Substanzklasse für den Betro enen Vorrang hat gegenüber Verhaltensmustern, die von ihm früher höher bewertet wurden. Entscheidendes Charakteristikum der Abhängig-keit ist der intensive, kaum oder nicht beherrschbare Wunsch ("craving"), entsprechende Substanzen oder Medikamente (ärztlich verordnet oder nicht verordnete) zu erlangen (Tab. 1). Sind drei oder mehr der acht Punkte innerhalb der letzten Monate erfüllt, handelt es sich um eine Abhängigkeitserkrankung. Die Menge der konsumierten Substanz ist für die Abhängig-keitsdiagnose weniger relevant. Ein schädlicher Gebrauch (Tab. 1, Punkt 8) oder eine Abhängigkeitserkrankung sind psychiatrisch behandlungsbedür ige Erkrankungen.Die Frage ist, warum es im Einzelfall bei einer Schmerzerkrankung zu Erkrankungen eines schädlichen Konsums oder eines Abhängigkeitssyndroms kommen kann. Es sollen daher die verschiedenen Analgetikatypen, ihre pharmakologischen Wirkungen, ihre epidemiologischen Verkaufszahlen als Indikator des möglichen Analgetikakonsums in Deutschland sowie deren Einsatz in der Schmerztherapie und das klinische Bild einer psychischen Störung durch Schmerzmittel, insbesondere der durch Opioide, dargestellt werden.
AnalgetikaIm Idealfall unterdrückt ein Analgetikum nur die Schmerzemp ndung, ohne andere wichtige Funktionen des Zentralnervensystems zu beein ussen. Die Analgetika lassen sich hinsichtlich der Chemie, der Pharmakologie (Wirkungsort, -dauer, -stärke und -spektrum) sowie der zu behandelnden schmerzha en Erkrankungen einteilen.