Ein Hochschulcomputer nach dem Motto: Tu, felix Austria, nube -Es gab zunächst ein vorfrüh-lingshaftes "Märzlüfterl", dann ein kräftiges, fast schon sommerliches "Mailüfterl"; ein hochtrabender" Whirlwind" sollte es nie werden. Was Zemanek hier präsentiert, ist eine Art Genrebild früher Rechnerentwicklung an der Wien er Technischen Hochschule: von der Materialbeschaffung bis zum voll funktionsfähigen programmierbaren Digitalrechner einschließlich eines ALGOL-Compilers. Bella gerant alii, tu, felix Austria, nube! Kriege mögen andere führen, du, glückliches Österreich, heirate! Matthias Corvinus, 1433-1490 Dieses Motto, dessen Anwendbarkeit auf eine Computer-Entwicklung auf den ersten Blick vielleicht nicht recht einsichtig wird, ist schon einmal für einen Vortrag in Los Alarnos [16] verwendet worden, wo nur eine von acht Geschichten das "Mailüfterl" zum Thema hat. Das Motto soll die weit überdurch-schnittliche internationale Vermaschung in deutliches Licht stellen, welche für österreichische Unternehmungen diverser Kategorien charakteristisch ist. Und zu einer Zeit, wo der Prioritätsstreit zwischen Atanasoff und Eckert-Mauchley in Amerika wieder Wellen erregt, soll es in Erinnerung bringen, daß in dieser Pionierzeit nicht die Priorität, sondern die optimale Funktion im Brennpunkt der Bemühungen stand. Der Transistorrechner "Mailüfterl" ist ein ausgeprägtes Beispiel für das Zusammen-"Heiraten" -die Ideen international, die Bestandteile international oder national; und ein paar eigene Ideen, ja sogar Patente waren schon auch dabei. Daraus wieder folgen Dankbarkeit und Respekt für alle diejenigen, von denen die Zutaten für das Werk kamen. Die zuständige österreichische Dienststelle, das Institut für Niederfrequenztechnik der Technischen Hochschule Wien, bot Wesentliches für den Rahmen, z. B. für Geräte und Räume, die Atmosphäre von allem, aber auch dadurch, daß die Lehrkanzel in der entscheidenden Zeit unbesetzt war. Man dürfte nicht behaupten, daß das "MailüfterI" ein Projekt der Dienststelle war; im Gegenteil, eine penible Analyse würde die Ungesetzlichkeit des Projektes feststellen müssen, freilich auch wieder keine völlige. Es war eben ein typisch österreichisches Projekt, und so ist auch sein wienerischer Name perfekt angemessen und von tiefgründiger Information. Wie kann man einem Computer den Namen "MailüfterI" geben? Diese Frage stellen nicht nur Landesunkundige, die ihn zum ersten Mal hören, sondern auch verwurzelte Österreicher, wie zum Beispiel der Altbundeskanzler Dr. losef Klaus. der in seinen Memoiren [15] bemerkt: Der Name ist typisch österrei-chiseh. nämlich die Leistung unterspielend und -wie mir scheint -nicht sehr glücklich gewählt. Die Entstehung des Namens ist dokumentiert. Der Bericht über die Wiener Computer-Entwicklung bei der Darmstädter Tagung von 1955, auf die wir zurückkommen werden, ist ganze 51 Zeilen lang. Wir waren ja erst am Beginn der Entwicklung. Wir fürchteten damals, mit den zur Verfügung stehenden Niederfrequenztransistoren nicht über eine Impulsfolgefrequenz von 33 kHz hinauskom...