günter germann und christina luther Die Plastische Chirurgie in ihrem konstanten Streben nach Evolution und Optimierung ihrer eingesetzten Verfahren war zu den verschiedensten Epochen der Schrittmacher für viele Bereiche der rekonstruktiven Medizin, die für die betroffenen Patienten sicht-und fühlbar waren. Dies zieht sich von der ersten Beschreibung des sog. Indischen Stirnlappens (600 n. Chr.), der noch heute in fast unveränderter Form zur Nasenrekonstruktion Anwendung findet, über die aus dem Mittelalter stammenden Nasenrekonstruktionstechniken von Tagliacozzi,Baranca und Feinbein bis zu den genialen Konzepten zur Rekonstruktion von Gesichtern, vor allem von Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg, von Esser und Joseph, deren Techniken auch heute, über 80 Jahre später, noch nicht aus dem Repertoire des rekonstruktiv-plastischen Chirurgen wegzudenken sind [11,26,36,45]. Schon früh träumte man von der Möglichkeit, verloren gegangene Extremitäten zu ersetzen. Die berühmteste Darstellung dieses Traums findet sich in einem spätgotischen Tafelbild aus Ditzingen, das die Heiligen Cosmas und Damian bei der Transplantation eines Mohrenbeins auf einen weißen Patienten darstellt. Dies zeigt schon damals die Vision der Transplantation fremder Gliedmaßen und Organe und hat die Plastischen Chirurgen seitdem nie mehr ruhen lassen (Abb. 1). Einen vorläufigen Höhepunkt stellte dabei die erste humane Nierentransplantation 1954 durch den Plastischen Chirurgen Joseph Murray in Boston dar, der für sein Lebenswerk als bisher einziger Plastischer Chirurg den Nobelpreis erhielt. Mit der Entwicklung der Mikrogefäßchirurgie gelang es, abgetrennte Hände, Füße oder Finger wieder anzunähen und damit vielen Patienten eine funktionsfähige Extremität zu erhalten. Auf die Transplantation allogener Extremitäten als derzeit letzter Meilenstein dieser Entwicklung wird an anderer Stelle eingegangen. Die späten siebziger und frühen achtziger Jahre waren geprägt von der Einführung mikrochirurgischer Transplantationstechniken in die klinische Routine. Damit war es zum ersten Mal möglich, auch komplexe drei-dimensionale Defekte nach Unfall-oder Tumorresektionen in einer einzeitigen ("One-Stage") Transplantation zu rekonstruieren. Es konnten Extremitäten erhalten Heidelberger Jahrbücher, Band 50 (2006) C. Herfarth (Hrsg.